BUDDY RÄUMT AUF

Sie stand im Schiff einer spätgothischen Kirche und blickte auf das riesige Kreuz an dem dieser langhaarige Kerl namens Jesus hing. Durch die großen, bunten Kirchenfenster, auf denen Szenen aus dem neuen Testament abgebildet waren, schien Licht, dem das bunte Glas der Kirchenfenster, eine völlig eigene Farbe verlieh. So stand sie eine ganze Weile im Kirchenschiff, gefangen von der Stille dieses sonderbaren Ortes. Sie wusste nicht wie lange sie dort stand, aber irgendwann hörte sie ganz leise Musik. Sie versuchte den Ort, von der die Musik an ihr Ohr drang zu lokalisieren, schaffte es aber nicht, den Herkunftsort zu erkennen. Dann versuchte sie zu erkennen, welche Musik sie da hörte, um so vielleicht die Herkunft bestimmen zu können, doch die Musik war zu leise um sie zu erkennen. Sie konzentrierte sich noch mehr und noch ein wenig mehr und es funktionierte, die Musik schien lauter zu werden und sie konnte die Musik besser hören: „Six six six is the number of the beast.“ Sang von irgendwoher eine Stimme. Sie kannte die Musik. Dies war ein Song von Iron Maiden und als sie zu ergründen versuchte, woher die Musik kam, wurde ihr langsam bewusst, das die Musik von ihrem Radiowecker kam und dies wohl ihr Weckruf sein müsse. Sie beschloß die Augen zu öffnen und erblickte die Zimmerdecke. Sie drehte den Kopf langsam nach links und blickte auf die LCD- Anzeige ihres Radioweckers, die ihr verriet, das es 9.15h war. Ihre linke Hand griff nach dem Radiowecker und suchte den ‚Aus’ Knopf, den sie schließlich auch fand und betätigte. Allerdings hatte sie es nicht eilig aufzustehen. Dennis und Christian sollte sie erst um 12.00 Uhr abholen. Da blieb ihr noch genügend Zeit.
Die letzten zwei Monate verliefen sehr turbolent. Zuerst trennte sie sich von Alex, ihrem langjährigen Freund. Zweieinhalb Jahre war sie mit ihm zusammengewesen. Eigentlich eine schöne Zeit. Zwar hatten sie auch mal heftige Streits gehabt, aber im Großen und Ganzen überwogen die positiven Momente. Andererseits kam ihr die Beziehung oftmals wie ein Gefängnis vor. Nicht, das Alex ihr versuchte Vorschriften zu machen, aber sie war erst 23 Jahre alt und sie wollte noch etwas vom Leben mitbekommen. Nicht so, wie ihre Mutter, die mit 22 heiratete und heute immer noch mit ihrem Vater verheiratet ist. So wollte sie nicht enden und sie wusste, wäre sie noch länger mit Alex zusammen geblieben, wäre es ihr genauso ergangen. Sie musste sowieso nach Berlin ziehen, da sie dort einen Ausbildungsplatz gefunden hatte und so fiel ihr der Abschied von Alex leichter, als sie gedacht hatte. Die Eingewöhnung in Berlin gelang ihr recht schnell, da sie dort schon Leute kannte. Besonders auf Dennis freute sie sich, ihn kannte sie noch von früher. Er war mal mit Alex befreundet gewesen, dann verfiel er aber immer mehr dem Haschisch und zog schließlich nach Berlin, so dass sich die Wege der beiden trennte.
Als sie endlich in Berlin eintraf, wohnte sie die erste Zeit, bis sie eine Wohnung fand, bei Dennis und dabei kamen sie sich näher und waren seitdem ein Paar. Schon komisch, wie das Leben so spielt. Als Alex davon erfuhr, war er richtig sauer, aber sollte er doch. Seine Besitzansprüche waren ihr egal. Es war ihr Leben. Und außerdem wollte sie heute mit Dennis und Christian, einem Freund von Dennis und wie dieser Hardcore Kiffer, nach Brandenburg raus fahren und dort an einem See zelten. Eigentlich hatte sie nicht so große Lust auf Zelten, aber sie hatte es Dennis nun einmal versprochen.
Sie blickte auf die LCD- Anzeige ihres Radioweckers und mittlerweile war es schon kurz vor zehn. Zeit für sie aufzustehen. Sie musste schließlich noch ihre Tasche packen und den Proviant samt Zelt (Dennis und Christian besaßen beide kein Zelt und so würden sie die nächsten beiden Nächte zu dritt in ihrem kleinen Iglozelt verbringen) ins Auto laden.
Um kurz nach zwölf stand sie vor dem Klingelkasten des Mietbunkers in dem Dennis wohnte und drückte mehrmals auf das Mombach/ Dammschmidt Klingelschild. Ein leises Türsurren erklang und drei Stockwerke später, nachdem Tamara, Dennis´ Mitbewohneri8n, die Tür geöffnet hatte, stand sie in Dennis´ Zimmer. Dennis und Christian saßen auf Dennis´ Sofa, das links an der Wand stand und starrten auf den Fernseher, der auf einem kleinen Tisch in der Mitte des Zimmers stand. Rechts an der Wand standen zwei schiefe Holzregale, in denen sich Bücher und Dennis Bongsammlung befanden. Daneben stand eine alte Holztruhe, die Dennis als Schrank diente und an der, der Zimmertür gegenüberliegenden Wand, befand sich das einzige Fenster in Dennis Zimmer, unter dem ein Schreibtisch stand. Den Ikea- Schreibtischstuhl hatten sich die beiden an das hintere Ende der Schlafcouch gestellt und benutzten diesen als Tisch, denn auf dem Stuhl lag ein völligst überfüllter Aschenbecher und die Fernbedienung für den Fernseher.
„Na, ihr beiden“, begrüßte Diana Dennis und Christian, „und seid ihr soweit?“ Die beiden schauten sie fragend an. „Äh, hi Diana“, erwiderte Dennis. Seine Augen waren glasig und rot unterlaufen. Er musste schon ein paar Bongs geraucht haben. „Äh, ach so, ähm, ja. Wir sind fast fertig.“ Er stand auf und griff nach ein paar Kleidungsstücken und stopfte sie in den Rucksack, der an dem vorderen Couchende lag. „Christian, steh auf, wir fahren.“ Christian nahm die Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Dann stand er auf und ging an Diana vorbei zur Zimmertür und nahm die Sporttasche, die neben der Tür lag und ging zur Wohnungstür. Diana und Dennis folgten ihm und verließen die Wohnung.
Ohne große Mühe hatten sie das Zelt am Waldrand aufgebaut. Über dem See, der circa 50 Meter vom Waldrand entfernt lag, stiegen langsam dünne, graue Nebelschwaden auf, so dass man die andere Seite des Ufers nicht erkennen konnte.
An einem sonnigen Tag konnte es hier bestimmt schön sein, aber heute war es nur nass und kalt. So erwies sich auch die Feuerholzsuche für das Lagerfeuer, das Dennis und Chrtistin unbedingt machen wollten, als äußerst schwierig. Die letzten drei Tage Regen hatte ihre Spuren hinterlassen und so war alles Holz, das die beiden angeschleppt hatten, nass oder zumindest feucht. Dennis und Christian machten sich daran, eine pfadfindergerechte Feuerstelle zu bauen. Dennis lief am See entlang und holte mehrere fußballgroße Steine, welche die beiden dann kreisförmig auf dem Boden anordneten. In die Mitte des Kreises legten sie zwei große Holzscheite und um diese herum baute Dennis mit dünnen Ästen ein pyramidenförmiges Gebilde, das mehrmals in sich zusammenfiel. Doch Dennis ließ sich nicht beirren und nach einiger Zeit stand „seine“ Pyramide. Bis dahin hatte ja noch alles halbwegs geklappt, doch als es daran ging, ihr fachmännisch aufgebautes Lagerfeuer zu entfachen, scheiterten Dennis und Christian kläglich. Eine Weile schaute Diana amüsiert dem Treiben ihrer beiden Pfadfinder zu, dann wurde sie langsam hungrig und wollte endlich ihre mitgebrachten Bratwürste grillen. „Ich bin gleich wieder da“, sagte sie und erhob sich von der Decke, die sie in einigem Abstand der Feuerstelle ausgebreitet hatte und ging in Richtung Wald. „Mmh“ antwortete Dennis, als er ein weiteres brennendes Streichholz an einen der dünnen Äste hielt.
Der Wald war ziemlich dicht bewachsen. Sie war noch gar nicht weit gegangen, und obwohl die ersten Bäume schon ihre Blätter verloren, konnte sie das Zelt nicht mehr sehen. Zudem wurde es schon langsam dunkel, doch glücklicherweise war der Waldweg, an dem ihr Auto geparkt war, nicht weit entfernt. Sie schob einen tiefhängenden Ast beiseite und schon stand sie auf dem Waldweg. Unter ihren Schuhen knirschten die Kiesel, als sie die letzten Meter zu ihrem Auto ging. Sie öffnete den Kofferraum und griff nachdem Kanister mit dem Reservebenzin. Dann verschloß sie den Kofferraum und ging zurück zum See.
Als sie am Zelt ankam, kniete Dennis vor der Feuerstelle und hielt ein brennendes Streichholz an einen der dünnen Äste, während Christian im Schneidersitz auf der Decke saß und an seiner Bong zog. Nachdem er den Rauch inhaliert und wieder ausgeatmet hatte, bekam er einen Hustenanfall. Diana stand jetzt neben Dennis. „Laß mich mal!“ befahl sie Dennis. Dieser machte bereitwillig Platz und setzte sich zu Christian auf die Decke und ließ sich von ihm die Bong geben. Diana schraubte den Verschluß des Kanisters auf und kippte Benzin über das Holz. Dann ging sie zur Decke und griff nach der Streichholzpackung die vor Christians Füßen lag. Sie entnahm der Packung ein Streichholz, entzündete dieses und warf es auf das benzingetränkte Holz. Allen Naturgesetzen zum Trotz, erlosch dieses nicht und plötzlich ragte eine fünf Meter hohe Stichflamme in den dunklen Abendhimmel. „Boah“ entfuhr es Christian.
Kurze Zeit später war das Benzin verbrannt und das Lagerfeuer brannte entspannt vor sich hin. Diana nahm einen dünnen Ast, spießte eine Bratwurst auf den Ast und hielt ihn ins Feuer. Dennis und Christian taten es ihr gleich und kurze Zeit später saßen sie schmatzend da und aßen ihre Bratwürste. „Jetzt fehlt nur noch eine Gruselgeschichte. Weiß einer von euch eine?“ fragte Dennis. „Ja“, entgegnete Christian. „Ich kenne da eine. Also, hört genau hin:

„Norris stand am Fenster und schaute den an der Scheine herunterrinnenden Regentropfen nach. „Verdammtes Sauwetter“, murmelte er und kehrte zum Bett zurück. Er setzte sich ächzend auf die Bettkante und zog sich Strümpfe und Arbeitsschuhe an.
Während der Regen gegen die Fensterscheiben trommelte, goss er sich Kaffee ein und hob die Tasse vorsichtig an die Lippen. Eine wohlige Wärme durchstömte ihn, als der erste Schluck seine Speiseröhre hinunter wanderte und sich in seinem Magen ausbreitete.
Es war wirklich eine Schande, bei solch einem Wetter aus dem Haus zu müssen. Aber in zwei Wochen sollte das alte Herrenhaus wieder vermietet werden und bis dahin – das hatte er dem Verwalter von Manson Hall hoch und heilig versprochen – wollte er mit der Renovierung aller Räume fertig sein.
Bisher lief sein Malerbetrieb eher schlecht und die Wirtschaftslage war ja auch alles andere als gut. Da sich sein einziger Angestellter genau heute mit einer Grippe krankgemeldet hatte, musste Norris nun auch noch die Arbeit allein machen. Er blickte auf die Uhr. Viertel nach neun; er musste sich beeilen. Vorsichtshalber hatte er schon am Abend zuvor Leiter, Tapeziertisch und alles, was er sonst noch brauchte, in seinen Lieferwagen verstaut. Hoffentlich machte ihm die alte Karre wenigstens heute keine Schwierigkeiten.
Er öffnete die Tür seins alten Diesels und setzte sich hinters Steuer. Er drehte den Zündschlüssel um und wider Erwarten, sprang der Motor sofort ohne Murren und mit einem lauten Knattern an. Norris betätigte die Scheibenwischer und legte den ersten Gang ein. Dann ließ er die Kupplung kommen und trat langsam das Gaspedal durch. Mit einem leichten Ruck setzte sich der Wagen in Bewegung und rollte über den Hof. Norris bog auf die Landstraße in Richtung Finsbury ein.
Manson Hall liegt in einem entlegenen Teil der Grafschaft Surrey. Die Fahrt dorthin hatte über von Kiefern und Fichten gesäumten Straßen geführt und als Norris das Anwesen erreichte, war es schon zehn Uhr durch. Es hatte inzwischen aufgehört zu regnen. Statt dessen setzte der dichte Bodennebel ein, der im Spätherbst für England so typisch ist. Norris stoppte den Lieferwagen, öffnete das Tor und fuhr anschließend die Auffahrt zum Herrenhaus hinauf. Man sah Manson Hall sein Alter an. Er stieg aus dem Wagen und schlenderte auf das haus zu. Über dem Portal konnte man vage die Jahreszahl 1711 entziffern. Die Fassade hatte dringend einen neuen Anstrich nötig, vielleicht würde man ihm später…
Ein deutliches Knarren riss Norris aus seinen Gedanken. Er blickte sich rasch um, konnte aber nicht herausfinden, woher das Geräusch gekommen war. Die Achseln zuckend zog er einen Schlüssel aus der Tasche und ging zur Eingangstür. Er stutzte und blieb stehen. Die Tür stand einen Spalt weit offen. Norris drückte auf den Klingelknopf und wartete; doch niemand erschien.
Nachdem er noch zweimal geläutet hatte, öffnete er vorsichtig die Tür und trat ein. In der Eingangshalle standen mit Tüchern verhängte Möbel herum, den Boden bedeckte eine dichte Staubschicht. Man sah, dass das Haus seit längerer Zeit von keinem Menschen betreten worden war. Norris beschloss sich sofort an die Arbeit zu machen.
Das elektrische Licht flackerte leicht, als Norris das Tapeziermesser aus der Hand legte und seinen Arbeitskittel auszog. Es war schon acht Uhr, höchste Zeit um Feierabend zu machen. Er war gut mit seiner Arbeit vorangekommen. Draußen wurde es schon dunkel und er hatte noch einen weiten Nachhauseweg vor sich. Zufrieden verließ er das Zimmer und durchquerte den Flur. Als der den Treppenabsatz erreicht hatte, flackerte das Licht erneut und erlosch dann. „Verdammt“ entfuhr es ihm, die Sicherung musste durchgebrannt sein. Finsternis umgab ihn jetzt. Langsam stieg er die Treppe hinunter. Er erstarrte. Es kam ihm so vor, als ob eben etwas an ihm vorbeigehuscht war. Ob es in diesem alten Bau Ratten gab? Norris schüttelte sich unwillkürlich. Er streckte die Hände aus und tastete sich vorwärts. Die Eingangstür musste sich genau vor ihm befinden, aber nach etwa zehn Schritten lief er gegen eine Wand. Angestrengt dachte er nach. Die Tür konnte nur rechts oder links von ihm sein. Er ging langsam nach rechts. Kurze Zeit später stieß er wieder gegen eine Wand. Er war also in die falsche Richtung gelaufen, also musste die Tür links von ihm sein. Langsam tastete er sich zurück. Ein kalter Lufthauch strich über ihn hinweg. Schaudernd blieb er stehen. Was mochte das sein? Eine ängstlichere Person wäre jetzt in Panik geraten, aber das war das Letzte was ihm in dieser Situation passieren durfte. Er tappte weiter und für einen Augenblick war ihm, als berührte etwas kaltes, fleischiges sein Gesicht. Er schlug mit den Händen danach, spürte aber keinen Widerstand. Langsam schob er sich an der Wand entlang. Wie still es in diesem verfluchten Haus doch war! Außer dem Schlurfen seiner Schuhe war nichts zu hören. Plötzlich stieß seine rechte Hand gegen Metall. Es war der Türgriff. Na bitte, er hatte es geschafft, man darf eben nicht die Geduld verlieren. Er drückte die Klinke nieder, doch die Tür öffnete sich nicht, sie war verschlossen. Aber er wusste doch genauso, dass er die Tür nicht abgeschlossen hatte. Wer sollte denn…Verzweifelt suchte Norris in seinen Taschen nach dem Schlüssel. Dann gab er resigniert auf. Der Schlüssel musste noch in seinem Arbeitskittel stecken.
Ein leises Geräusch ließ ihn aufhorchen, er drehte den Kopf und lauschte. Es klang wie eine flüsternde Stimme. „Hallo? Ist da wer?“ rief er laut. Das Echo hallte verzerrt in seinen Ohren nach, jedoch antwortete niemand. Jedes Haus hat so seine eigenen Geräusche, versuchte Norris sich zu beruhigen, aber jetzt war er doch ein wenig nervös. Wenn er doch wenigstens ein Feuerzeug oder Streichhölzer dabei hätte, aber seitdem er mit dem Rauchen aufgehört hatte, brauchte er sowas nicht mehr.
Hinter ihm ertönten Schritte. Er hielt den Atem an. Die Schritte kamen näher. Paniach rüttelte Norris an der Tür, da berührte plötzlich etwas eiskaltes seinen Nacken. Vor Entsetzen schrie er auf. Dann durchbohrte die Klinge eines Katanas sein Herz.“
„Oh mann, die Geschichte war aber echt lau. Voll vorhersehbar. Und gruselig war die nun wirklich nicht!“ entfuhr es Dennis, als Christian seine Geschichte beendet und Diana und Dennis erwartungsvoll angeschaut hatte. „Also richtig spannend war die Geschichte wirklich nicht.“ pflichtete Diana Dennis bei. „Dann erzähl du doch eine…“ Dennis unterbrach sich plötzlich und es sah so aus, als würde er sich angestrengt konzentrieren. „Was ist denn los?“ wollte Diana wissen, doch Christian schnitt ihr mit einem scharfen „Schtt“ das Wort ab. Dann fragte er leise, fast flüsternd in die Runde: „Habt ihr auch dieses Rascheln gehört?“ Dennis fing lauthals zu lachen an. „Ha Ha, guter Versuch Christian! Das muß man dir lassen. Gruselgeschichten kannst du nicht, aber witzig bist du! Aber jetzt lass mich mal eine Geschichte erzählen. Also, es geht um drei Typen: Justus, Peter und Bob. Die drei wohnen zusammen in einer WG. Die drei tranken gerne und viel und dementsprechend sah das bei denen in der Wohnung aus. Leere Flaschen, überfüllte Aschenbecher und so. Aber egal, die Geschichte jedenfalls spielt an einem Sonntagmorgen, nach einer der zahlreichen durchzechten Nächte der drei.

Sonntag Morgen, 14.00 Uhr – Justus

Das erste, dass Justus spürte als er aufwachte, war ein stechender Schmerz unter seinem rechte Auge. Seine Kehle war trocken und er hatte Kopfschmerzen wie schon lange nicht mehr. Er stellte sich mal wieder jene Frage, welche er sich schon so oft gestellt hatte, und deren Antwort niemals eine angenehme war: Was zum Teufel habe ich gestern Abend wieder gemacht? Er versuchte sich zu erinnern. Es waren einzelne Bilder, die in seinen Gedanken erschienen. Er hatte mit seinen beiden Mitbewohnern wieder einmal eine wüste Party gefeiert. Er erinnerte sich an das Trinkspiel, das sie gestern Abend gemacht hatten. Dabei zogen sie Karten und wer ein As zog, musste einen Becher Wodka trinken. Völligst stupide, doch so wurden sie schnell betrunken. Und er wütend gewesen. Sehr wütend. Hatte er sich geprügelt? Er wusste es nicht. Sein Magen rumorte. Er merkte wie sein Mageninhalt nach oben wanderte und an die Freiheit wollte. Er rannte ins Badezimmer und übergab sich. Nachdem er fertig war, stand er auf und wusch sich über dem Handwaschbecken mit kaltem Wasser über den Mund. Als er in den Spiegel über dem Waschbecken blickte, sah er einen tiefen Schnitt unter seinem rechten Auge. Was zum Teufel war gestern passiert? Justus hatte keinen Schimmer, dafür aber ein ungutes Gefühl.
Beschissener kann ein Tag wohl kaum beginnen, dachte er, aber da täuschte er sich. Als er einen Blick ins Wohnzimmer warf, bestätigte sich sein ungutes Gefühl. Überall lagen leeren Bier- und Wodkaflaschen auf dem Boden, das Dalibild lag ebenfalls auf dem Boden und das Fenster war zerbrochen. Doch das alles störte Justus nicht, er bemerkte es nur am Rande. Sein Blick war auf Peter, seinen Mitbewohner, gerichtet. Überall war Blut, und Peters Kopf, oder was davon noch übrig war, war nur noch Brei. Er musste sich erneut übergeben. „Oh mein Gott, er ist tot. Peter ist tot. Ich muss die Bullen rufen“ dachte er. Doch bevor er zum Telefon griff, durchfuhr ihn ein weiterer Gedanke. Er begann am ganzen Körper zu zittern; „Was ist, wenn ich ihn umgebracht habe?“ Die Wunde unter seinem Auge, die Wut, an die er sich erinnerte, was ist, wenn er die Kontrolle verloren hatte und er den guten Peter umgebracht hatte?
Es wäre ja nicht das erste Mal gewesen, das Justus wütend auf Peter gewesen wäre. Sie stritten sich häufig und manchmal wünschte sich Justus, das der Bastard endlich von der Bildfläche verschwände. Er hatte mit Bob darüber geredet und sie hatten beschlossen, das Peter ausziehen solle. Das würde er nun wohl. Justus überlegte, was er nun tun sollte. Er musste die Leiche verstecken. Aber viel wichtiger war zu erfahren, wie viel Bob wusste. Hatte Bob ihn gesehen, als er Peter ermordet hatte. Hatte Bob schon die Polizei gerufen? Oder war sogar er der Mörder? Er beschloss in Bobs Zimmer nach zusehen, ob dieser noch am Schlafen war. Er ging in sein Zimmer zurück und holte seine Pistole. Zur Sicherheit, man weiß ja nie. Er durchquerte das Wohnzimmer und ging auf Bobs Zimmertür zu. Oh bitte Gott, lass ihn noch am Schlafen sein, dachte er. Dann durchbohrte eine Kugel seinen Kopf.

Sonntag Morgen, 13.00 Uhr – Bob

Sein Kopf schmerzte. Widerwillig wurde Bob wach. Verdammte Scheiße, dachte er. Er hatte gestern Abend einen dummen Streit mit Justus gehabt. Sie hatten wieder dieses blöde Trinkspiel gemacht und Justus glaubte doch tatsächlich, das Peter und er, Justus betrügen würden. Dieser Vollidiot, kaum ist er besoffen, meint er, jeder wolle ihn verarschen. Er hatte Justus gesagt, er solle seine verdammte Fresse halten, und da rastete Justus aus und schlug auf ihn ein. Er erinnerte sich, das er Justus mit einer Scherbe einer zerbrochenen Bierflasche unter dessen Auge verletzt hatte und sie sich danach wieder beruhigt hatten. Aber was danach geschah, daran konnte sich Bob beim besten Willen nicht erinnern. Ich muss mit dieser verdammten Trinkerei aufhören, dachte er, sonst bringt die mich noch ins Grab.
Als er Peters Leiche im Wohnzimmer sah, musste er nach Atem ringen. Dies kann nur ein Alptraum sein, dachte er. Doch er roch den Gestank der von Peters totem Körper ausging, und ihm wurde klar, das dies real war. Was zum Teufel hatten sie gestern Abend bloß angestellt? Bob wusste, das Justus Peter hasste, er hatte sie schon oft streiten gesehen. Aber ihn deswegen gleich umbringen? Er konnte einfach nicht glauben, das Justus dazu fähig ist. Aber wirklich sicher war er sich nicht. Langsam wurde er nervös. Wo ist Justus? Er schaute in Justus Zimmer und zu seiner großen Erleichterung, sah er, das dieser noch schlief. Bob überlegte was er nun tun solle. Er hatte Angst davor die Bullen zu rufen. Sie würden ihm Fragen stellen, auf die er keine Antwort hatte. Und konnte er denn beweisen, dass er nicht der Mörder war? Er wusste ja nicht einmal, ob nicht er Peter umgebracht hatte?
Bob beschloss zu warten bis Justus aufwachen würde. Er wollte durch das Schlüsselloch seiner Tür beobachten, wie Justus reagieren würde, wenn dieser Peters Leiche entdecken würde. Wenn Justus zum Telefonhörer greifen und die Polizei rufen würde, wusste er, das Justus nicht der Mörder war. Er würde mit Justus reden und gemeinsam würden sie das Kind schon schaukeln. Wenn Justus aber versuchen sollte, die Leiche zu verstecken, würde er mit seinem Handy die Bullen rufen. Dann wäre Justus der Mörder und er aus dem Schneider. Zur Sicherheit nahm er seine Pistole mit in sein Zimmer. Wer weiß, vielleicht wollte Justus auch ihn killen. Schließlich war er der einzige Zeuge, aber dann würde er sich zu helfen wissen. Leise schloss er seine Zimmertür hinter sich und spähte durch das Schlüsselloch. Hoffentlich tut Justus nichts überlegtes unüberlegtes. Mit seiner rechten Hand umklammerte er die Waffe. Vorsichtshalber hatte er seine Pistole entsichert. Er musste auf alles gefasst sein.

Sonntag Morgen, 4.30 Uhr – Peter

Peter weinte. Er saß auf dem Sofa im Wohnzimmer und dachte über sein Leben nach. Es war ruhig. Justus und Bob gingen vor einer halben Stunde ins Bett. Beide völligst besoffen. Auch er hatte viel getrunken und immer wenn er betrunken war, stiegen diese finsteren Gedanken in ihm auf. Ihre Detektei hatte dicht machen müssen, das es durch die drakonischen Gesetze der neuen rot-grünen Regierung, kein Verbrechen mehr gab. Nun war er arbeitslos. Justus und Bob hatten sofort einen neuen Job gefunden. Kein Wunder, schließlich hatten sie sich immer in den Vordergrund gedrängt und die Lorbeeren eingeheimst, wenn sie mal wieder einen Fall erfolgreich gelöst hatten. Er hasste sie dafür.
Niemand wusste das er depressiv war. Er gab sich immer fröhlich und alle Welt wunderte sich über die arbeitslose Frohnatur. Doch niemand verstand ihn wirklich. Niemand sah wie er litt. Für Peter war dies ein großer Tag. Heute war der tag, an dem er es tun würde. Heute nfeierte er sein Abschiedsfest, nur wusste das niemand. Er feierte mit Leute die er hasste. Er musste lachen, das war so typisch für sein Leben. Er konnte einfach nicht. Als er sich die Pistole an die Schlefe hielt, schloss er die Augen und hoffte, dass das Leben nach dem Tod besser war als dieses.
Niemand hörte den Knall, als er abdrückte und niemand sah wie ihm die Pistole aus den Händen glitt und sein toter Körper auf den Boden fiel.“

„Gruselig war die Geschichte aber auch nicht“ bemerkte Christian. Nachdem Dennis seine Geschichte beendet hatte. „Aber immerhin spannend“ nahm Diana ihren Freund in Schutz. „Aber wir wollten uns doch Horrorgeschichten erzählen“ wollte Christian intervenieren, doch Dennis schnitt ihm mit einem „Du bist doch nur neidisch“ gekonnt das Wort ab.
„Da…hinter euch…da..“, fing Diana, die Dennis und Christian gegenüber saß, plötzlich zu stammeln an. „Willst du uns jetzt auch eine super Gruselgeschichte erzählen?“ fragte Christian spöttisch. „…da steht ein maskierter Typ mit Motorsäge hinter euch“ rief Diana, sprang auf und sah noch, wie der kräftige, circa 1,90 Meter große Mann, der eine Bud Spencer Maske aus Pappe trug, den Anlasser seiner Motorsäge betätigte und mit dieser Christian köpfte. Dann rannte sie schreiend davon. Nach einigen Metern blickte sie sich kurz um und stellte zu ihrer großen Erleichterung fest, das Dennis wohl auch entkommen war, denn sie sah ihn nicht mehr bei der Decke. Stattdessen stand dort noch immer der Kettensägenmörder mit der Bud Spencer Maske und zersägte mit seiner Kettensäge Christians toten Körper. Sie rannte weiter. Bloß weg hier, dachte sie. Sie musste zum Auto. Zu Fuss war hier verloren. Das nächste Dorf war locker 15km entfernt. Nachdem die erste Panik verflogen war, versuchte sie sich zu orientieren. Sie war bisher am See entlang gerannt. Sie schaute wieder zurück, aber sie sah nur in einiger Entfernung die Überreste von Christian.. Verdammt, schoss es ihr durch den Kopf. Wo war der Kettensägenmörder mit der Bud Spencer Maske? Aber das war egal, sie musste ihre Richtung ändern, um zum Auto zu gelangen. Das war ihre einzige Chance. Sie lief Richtung Wald, den sie schließlich auch ohne Probleme erreichte. Wo Dennis wohl war? Ob er sich vor dem Kettensägenm,örder mit der Bud Spencermaske retten konnte? Sie hoffe es. Er durfte nicht tot sein. Hoffentlich hatte Dennis die gleiche Idee wie sie gehabt und versuchte auch zum Auto zu gelangen. Oder vielleicht hatte er auch ein Versteck gefunden. Er war früher einmal Pfadfinder gewesen. Er kannte sich aus in der Natur. Er würde sich schon zu helfen wissen. Er musste es einfach. Sie konnte sich jetzt auch noch nicht um ihn kümmern. Nicht dieses Mal. Und wo war der Kettensägenmörder mit der Bud Spencermaske? Verfolgte er sie? Sie musste das Auto erreichen. Das war ihre einzige Chance. Mit dem Auto könnte sie Hilfe holen und so vielleicht Dennis retten. Für Christian war es ja zu spät. Sie bemerkte wie sich ihre Augen mit Tränen zu füllen begannen. Und was war, wenn der Kettensägenmörder sie schon die ganze Zeit beobachtet hatte? Und hatte sie nicht, als sie zum Auto ging um den Benzinkanister zu holen, nicht ein paar Äste knacken gehört? Was war, wenn der Kettensägenmörder am Auto auf sie wartete? Daran durfte sie jetzt nicht denken. Sie musste stark sein. Sie spürte wie erneut Panik sie erfasste. Sie versuchte diese zu unterdrücken.
Der Wald wurde lichter. Sie sah schon den Waldweg. Gleich wäre sie auf dem Waldweg und dann wäre sie auch schon am Auto und wäre gerettet.
Sie spürte noch, wie sich ihr rechter Fuß in etwas verfing und dann lag sie auch schon auf dem Boden. Zu ihrer Überraschung verspürte sie keine Schmerzen. Sie musste auf etwas weiches gefallen sein. Sie schüttelte ihre Benommenheit ab und hob den Kopf und schaute direkt in Dennis tote Augen. Sie blickte unter sich und sah Dennis blutverschmierten Rumpf. Sie schaute nach links und etwa zwei Meter entfernt lag ein Bein. Die Panik hatte sie entgültig erfasst. Sie sprang auf, unterdrückte einen Schrei so gut es ging und rannte in Richtung des Waldweges. Sie spürte wie ihr ein Ast ins Gesicht schlug. Sie taumelte, doch sie konnte ihr Gleichgewicht halten und erreichte den Waldweg. Sie spürte den Kiesel unter ihren Fußsohlen und blickte nach links. Dort sah sie ihr Auto. Es war circa 100m entfernt. Sie lief los und wurde schneller. Euphorie erfasste sie. Sie hatte es geschafft. Dort stand ihr Auto. Ihre Rettung! Gleich würde sie in ihm sitzen und dann nur noch weg von hier. Nur noch wenige Meter. Sie blickte sich um. Keine Spur von dem Kettensägenmörder mit der Bud Spencermaske. Der Alptraum war vorbei.
Außer Atem erreichte sie die Fahrertür ihres Autos und fischte hastig in ihrer rechten Hosentasche nach den Autoschlüsseln und versuchte diesen in das Wagenschloß zu stecken. Erst jetzt bemerkte sie, das ihre rechte Hand zitterte. Sie versuchte sich zu konzentrieren. Nur ruhig Blut. Konzentriere dich. Du hast es fast geschafft, versuchte sie sich einzureden und es half. Der Schlüssel steckte im Schloss, sie drehte ihn nach links und mit einem Klacken löste sich die Zentralverriegelung. Sie drückte den Türöffner und erstarrte. Sie hörte ein Schnaufen hinter sich und ein warmer Luftzug streichelte ihren Nacken. Langsam drehte sie sich um und starret direkt in die dunklen Augen, die sie durch die Augenschlitze der Bud Spencermaske erkennen konnte. Der Kettensägenmörder mit der Bud Spencermaske betätigte den Anlasser seiner Kettensäge, welche mit einem lauten Knattern ansprang und machte mit beiden Armen, deren riesige Hände die Kettensäge hielten, eine Ausholbewegung.
Wäre ich doch bloß nicht mit diesen beiden verlausten Hippies an diesen beschissenen See in dieser gottverdammten Einöde gefahren. Hätte ich doch bloß nie meine Marzahner Betonwüste verlassen, dachte sie, als sich die Vollmeißelzahnkette der Stihl Oilomatic Kettensäge durch das warme Fleisch ihres Halses schnitt und Dianas Kopf vom Rest ihres Körpers trennte.

Written by Falk Fatal

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