Züri brennt

Aus den Dogbodys formierte sich im September 78 TNT. Mit dabei aus der letzten Formation Dogbodys waren: der Gitarrist und neue Songschreiber Dani Grässle, der Bassist Smudi Gross und der Schlagzeuger Gianni Luder. Die 14 jährige Sängerin Sara Schär ersetzte nun das letzte noch verbleibende Gründungsmitglied der Dogbodys, den aus England stammenden Frontmann Ray Fairbrother. Davor spielte sie kurz Bass bei der „all female“ Punkband Züri eSeS.Im März 79 ersetzt Phil Rust Gianni an den Drums. Kurz danach, am 5. Juni veröffentlichte das Label Voxpop die erste TNT Single „Züri brännt“.Dieser Song stammte noch aus der Feder der Dogbodys und „Subwayscene“ auf der B-Seite ebenfalls. Das dritte Stück „131″ (Der Song besteht aus der gleichen Anzahl Wörter) war dann aber ein echter TNT Song.„Züri brännt“ ist bis heute der bekannteste Punksong aus der Schweiz. Er wurde das Markenzeichen schlechthin für TNT. Ungewollt wurde in den frühen 80er Jahren „Züri brännt“ zum Slogan der „80er Bewegung“.Im November 79 trifft sich die ganze Schweizer Punkgemeinde in Emmen am Swiss Punk Now Festival. Zu der Zeit weilt Phil in London und Thomi Wydler, von der Gruppe Hertz kommend, springt kurzfristig für ihn ein. Wydler wird sich später in Berlin niederlassen und bei Bands wie Die Haut oder Nick Cave and the Bad Seeds als Drummer seinen Lebensunterhalt verdienen. Mit Beat Schlatter vertritt eine weitere bekannte Persönlichkeit bis zur Rückkehr von Phil im Januar 80 den Posten des Schlagzeugers bei der Band. Von Rudolph Dietrichs Kraft durch Freude kommend, spielte er später noch bei Ladyshave und Liliput und ist heute ein bekannter Schweizer Schauspieler und Kabarettist.Im April 80 erschien TNT’s zweite Single. Nun auf dem klassischen Swiss Wave Label Off Course. „Fight“ und „Remember“ sind zwei süffige Punksongs, wie man sie von den britischen Inseln her kennt. 1981 erscheint bei Alec Von Tavels Disctrade Label TNT’s dritte Single. Alec ist auch zuständig für den Endmix der beiden Songs „Razzia“ und „They robbed us“. Dies aber zum Missfallen der Band. Trotz allem wird „Razzia“ neben „Züri brännt“ zum populärsten Song von TNT.Am Abend vom 2. Februar 1981 verlässt Dani Zürich Richtung Berlin. Von der Gruppe Sperma kommend, ersetzt jetzt Thomi Bickel Dani an der Gitarre. Es wird nun die EP „Eine kleine Machtmusik“ mit 9 brandneuen Songs im Pyramid Studio in Küsnacht von Saras Vater aufgenommen. Doch die Gitarren-Tracks müssen später von Dani nochmals eingespielt werden und nur die beiden Songs „Clowns“ und „Bank Rubber“ kommen mit Bickis Gitarrenspiel auf die Platte.Es brauchte ganze 2 Jahre bis die 10″ EP erstmals im Herbst 83 abermals auf dem Off Course Records Label erscheint. Live aufgetreten sind TNT zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr und die auf 1000 Stück limitierte und schön aufgemachte EP ging unbemerkt unter.Interview mit Sara Schär vom 15.11.2007

Wo und in welchem Umfeld bist du aufgewachsen?

In Seebach (Stadtteil von Zürich) mit meinen Eltern und meinem Bruder bis zum zehnten Lebensjahr. Meine Eltern waren Hippies und da war natürlich immer was los. Leute gingen ein und aus, es gab grosse Feste und mein Vater war überhaupt kein angepasster Typ.Natürlich ist die ganze Familie an den Anti Vietnam Demos mitgelaufen. Als ich 10 Jahre alt war, haben sich dann meine Eltern getrennt, ich zog zu meiner Mutter und über Umwege 2 Jahre danach zu meinem Vater in die WG nach Küsnacht (Vorort von Zürich).

Wie bist zu der Musik gekommen?

Ich hab schon als kleines Mädchen eigene Liedchen gedichtet. In der Grundschule ebenfalls gerne gesungen. War im Chor und habe so die klassische Grundausbildung gemacht. Hatte da also immer einen 6er. (1er in Deutschland)

Witzig, bei mir war es genau das Gegenteil. Als ich kurz vor meinem Punkwerden die Aufnahmeprüfung für das Lehrerseminar in Rorschach absolvierte, bin ich natürlich im Gesang und beim Notenlesen komplett durchgefallen.

Ich will hier klarstellen, dass ich nicht aus Not Punkrocksängerin wurde! Ein wichtiger musikalischer Einfluss zu der Zeit waren für mich Ton Steine Scherben aus Kreuzberg in Berlin. Die haben deutsch gesungen, dass hab ich natürlich verstanden und die waren schon so was wie Vorbilder.

Wie ist denn nun der erste Kontakt zu der Punkrock Musik gekommen?

Der Urschlag kam von meinem Vater, er hat mir eines Tages einige Singles, unter anderem, die von The Damned in die Hand gedrückt und gemeint, ich sollte hier mal reinhören. Da war ich natürlich sofort am Hacken.

Das ist ja nicht schlecht.

Ja…eben, ich bin aufgewachsen mit der Musik von Led Zeppelin, Stones, Hendrix, Janis Joplin, einfach den ganzen Rockhintergrund.Meine Eltern waren sehr Jung als sie mich bekommen haben, so zwischen 19 und 20 Jahren.

Somit hast du ja teilweise kurz darauf mit Punks verkehrt die im Alter deiner Eltern waren?

Ja doch, dass hat sich so klar vermischt.

Wo oder wie hast du danach die ersten Gleichgesinnten getroffen?

Irgendwo, ich weiss dies heute nicht mehr so genau. Da sind einige Punks rumgehängt und da waren auch zwei Mädchen dabei. AGS und Soda und die haben mich gefragt ob ich bei ihnen Bass spielen wollte, was ich natürlich davor noch nie gemacht habe. Ich sagte zu, wir nannten uns dann Züri eSeS und wir haben in Bäch, im Übungsraum von den Mother’s Ruin proben können. Lustigerweise hat dann Reto, ihr Gitarrist, auch sofort alles umgehend fotographisch dokumentiert.

Und 2/3 Monate später warst du dann schon Sängerin von TNT?

Ja…da hab ich kurz recherchiert in meinen Sachen. Da hab ich diesen Brief von Soda gefunden, die sich darin beklagt, dass ich mich nicht mehr bei ihr melde. Ich vermut, ich hab mich nicht getraut ihr zu sagen, dass ich nun in einer anderen Band spiele.

War das der Schlagzeuger von den Dogbodys, Gianni Luder, der dich angesprochen hat?

Ja…genau, der Gianni hat mich auf der Knabenschiesen Chilbi (Kirmes) angesprochen. Er wollte mich eigentlich nur kennen lernen und hat so auf billige Anmache gemacht „Willst du bei uns in der Band singen?“ Ich sagte natürlich sofort „Ja“ und als wir gemeinsam mit dem Steassenbahn nach hause fuhren, fragte er mich „wie alt ich den sei?“ Ich sagte „14″ er „uff…ahh…also bis morgen im Übungsraum“. Dort war dann aber noch ne andere Frau, die auch angefragt wurde und ebenfalls Sängerin bei TNT werden wollte. Die hab ich dann aber grad weggefegt.

Kein Wunder mit deiner Stimme.

Danach bei den allerersten Proben im Übungsraum wurden Aufnahmen gemacht. Dani war damals schon Technik vernarrt. Er hat überall Mikrophone aufgestellt und mit einem Revox Tonband von jeder Probe Aufnahmen gemacht.Die waren dann alle von mir total begeistert nach der ersten Probe und verkündeten überall, dass sie ne neue Sängerin hätten. Somit war die Sache natürlich klar!

Ich hab Zuhause bei Dani eine ganze Kiste von Tapes gesehen.

Das hab ich auch. Vor kurzem hab ich die Hälfte davon endlich entsorgt. Ich habe jede einzelne Probe von uns aufgenommen und wir probten 2/3 Mal die Woche.

Unglaublich!

Klar doch…dies war natürlich zum reflektieren, zum herausfinden wo’s nicht gut war…wo’s wir anders machen müssen.

Wo kam dieser professionelle Anspruch her?

Den hatten wir alle bei TNT und ich denke man hört dies auch bei unseren Songs. Es war uns wichtig, wie wir gegen Aussen hin tönten. Wir haben auf fast all unseren Konzerten unser eigenes Equipment mitgenommen und unsere SP1 Boxen aus dem Übungsraum mitgeschleppt. Wir hatten unser eigenes Konzert- PA und es musste so tönen wie wir es wollten.

Wie kam es zu eurem ersten Konzert im November 78 am Anti-Repressions Kongress im Zürcher Volkshaus?

Das kann ich dir wirklich heute nicht mehr sagen. Ich besitze aber Aufnahmen davon und es tönt furchtbar, also wirklich… das was ich davor erzählt habe war später…ich habe nur geschrieen und die andern haben Lärm gemacht.

Trotz allem, den Leuten vom Vox Pop Label müsst ihr imponiert haben, da sie ja an dem Abend auf euch
z
ukamen und euch einen Plattendeal offerierten?

Für die war das wahrscheinlich komplett was Neues und die geballte Wut und Kraft die wir da auf die raus gelassen hatten, hat ihnen scheinbar imponiert.

Im Monat darauf spielten ihr schon zum ersten Mal im Punkclub Hey auf. Hier hörten die Punks euch zum ersten Mal und ihr seid ihnen total eingefahren.

Ja genau, da waren wir danach die legitimen Vertreter unserer Gilde. Ja, dass war super geil, stell dir vor du bist 14 Jahre alt, du hast ne Band, die Leute hören dir zu und flippen total aus, das ist doch das Grösste!

Dann zu euren Songs…da gab es doch noch lange Stücke die ihr weiter von den Dogbodys gespielt habt?

Ja… das stimmt. Subway Szene, Züri brännt, Fascist Pigs oder Army…dies war auch ein Ray Song, so ein typisch englischer Text „ Go to the army, traveling to foreign countrys, meet new people and kill them, kill them, kill them…

Wenn ich diese und weitere Songtitel von TNT hier erwähne; Taken In Jail, Razzia, Robbed Us und Fight…hört man doch einen politischen Hintergrund heraus.

Smudi war zum Beispiel ein recht politisch und radikal denkender Mensch. Vor meiner Zeit probte die Band ja noch an der Wiesenstrasse, was ein besetztes Haus war. Dies kam aber nicht von mir. Als ich zu der Band stiess war dieser Groove schon vorhanden.

Hat dich dies ein wenig an deinen Vater erinnert?

Nein, eigentlich nicht. Ich fand es einfach geil in einer Band zu singen. Es hat für mich einfach gepasst.

Wie seid ihr dann ab Sommer 80 zu der ganzen AJZ Geschichte gestanden?

Wir waren definitiv keine Bewegungsband und als wir dort auch Mal gespielt haben, herrschte es eine ganz seltsame Stimmung. Es kam uns irgendwie eine komische Aggression entgegen. Wir waren wahrscheinlich nicht die, für die sie uns gehalten haben.

Du bist ja von Anfang an bis noch über die Zeit von TNT ununterbrochen mit Smudi, dem Bassisten von TNT, zusammen gewesen.

Stimmt, ja…ich war ja sehr jung und er war meine erste Liebe. TNT war so was wie eine Familie.Interview geführt von Lurker Grand

Written by Falk Fatal

Schreibe einen Kommentar