„WIR SIND POPPERKLOPPER UND WIR HABEN JETZT MAL BOCK AUF WAS ANDERES“

Popperklopper – was für ein Name! Für die Einen der Beweis, wie stumpf Deutschpunk sein kann, für andere eine der besten, geradlinigsten und kompromisslosesten Bands, die das Genre seit zwei Jahrzehnten zu bieten hat. Wie aus der 1989 gegründeten, ehemaligen Schülerband, einer der bekanntesten Deutschpunkacts werden konnte, erklärt Gründungsmitglied Carsten im Interview.

Herbst 1989, die Mauer beginnt gerade zu bröckeln, als sich in dem Südeifel-Kaff Irrel eine Schülerband namens Popperklopper gründet. 22 Jahre besteht die Band noch immer und begeistert Massen von Punks mit ihrem geradlinigen, direkten Punkrock. Ursprünglich eine klassische Deutschpunk mit Wurzeln in den frühen 1980ern, wendeten sich Popperklopper mit den Jahren vermehrt dem Rock’n’Roll und Schweinerock zu, ohne dabei von ihrem Auf-die-Fresse-Punk zu lassen.

Vergangenes Jahr feierten sie großes Bandjubiläum und vor kurzem ist die obligatorische Best-of-Scheibe erschienen, die die vergangenen 20 Jahre Revue passieren lässt, und als Bonus eine rund zweistündige DVD mit massig Videomitschnitten enthält.

Die Compilation lässt keine Wünsche offen, enthält 23 Songs aus allen Phasen der Band, beginnend bei der ersten Veröffentlichung – einer Split-7“ mit den leider längst verblichenen Novotny TV – bis zu den späteren Punk’n’Roll-Songs der Band. Kracher reiht sich hier an Kracher: „Leben im KZ“, „Aufrechter Deutscher“, „Keine Gefühle“ oder „Das deutsche Heer“ finden sich genauso wie die 77er Punkrocker „Law of the system“, „Under water“ oder „Big Wallets bad taste.“

Die DVD enthält die komplette Jubiläumsshow in guter Bild- und Tonqualität, dazu gibt es Bonusmaterial mit Proberaum-Mitschnitten aus dem Jahr 1993, Clips von ihrer 2000er Tour und Aufnahmen von ihrer Russland-Tour. Eine runde Sache, die dem Schaffen der Band gerecht wird. Aber nun zum Interview.

1989 habt ihr euch gegründet, 2010 war euer 20 Jahres Jubiläumskonzert und in diesem Jahr kommt die Jubiläums-CD heraus. Wie alt sind Popperklopper denn jetzt wirklich?
C: Also, gegründet wurde die Band im Herbst 1989. Das Jubiläumskonzert war entsprechend für 2009 geplant, hat dann aber letztendlich wegen Terminschwierigkeiten erst im Januar 2010 stattgefunden. Bei der Jubiläums CD + DVD gab es ein paar Verzögerungen, weil das komplette Videomaterial erstmal bearbeitet werden musste etc. Das dauert halt seine Zeit. In der Zwischenzeit haben wir auch noch das Label gewechselt, sind jetzt bei Aggropunk, die übrigens einen Superjob machen! Schließlich gab es dann leider auch noch Verzögerungen bei der FSK.

Ihr habt als Schulband begonnen. Habt ihr damals schon Deutschpunk gespielt? Zumindest bei eurem Musiklehrer dürfte das doch zwiespältige Reaktionen ausgelöst haben.
C: Ja, allerdings..da konnte natürlich keiner ein Instrument richtig spielen und wir mussten uns erstmal einigen wer welches Instrument übernimmt. Dann wurde zuerst mal überwiegend gecovert, so Sachen wie Hosen, Zitronen, Sex Pistols, Strassenjungs etc.
Als wir dann anfingen eigene Songs zu schreiben hörten wir überwiegend die alten deutschen Politpunkbands, Slime, Canal Terror, VKJ, Toxoplasma, Hass. Das ging dann natürlich soundmäßig schon in ne ganz andere Richtung. Aber du hast recht, als wir ganz am Anfang auf so Schulpartys gespielt haben wurden wir von den „richtigen“ Musikern einerseits ausgelacht, andererseits haben wir ihnen natürlich immer die komplette Show gestohlen. Bei uns in der Südeifel gab es bis dahin keine Punkbands und das war alles komplett neu für die Leute, die sind dann auch dementsprechend ausgerastet.

Wer ist von der Originalbesetzung noch übrig?
C: Ich bin von Anfang an dabei, hab im zarten Alter von 15 Jahren angefangen. 1991-92 kam Helge und anschließend Lars dazu. Die anderen Gründungsmitglieder haben mit Punkrock auch nix mehr am Hut. Helge wurde dann Anfang 2002 durch Poeppel ersetzt.

Vor ein paar Jahren habt ihr euren Sound ein wenig gewandelt, weg zum Deutschpunk hin zu mehr Punk’n’Roll mit englischen Texte. Hat der Wandel einen bestimmten Grund gehabt?
C: Das fing eigentlich schon Ende der 90er an, durch diesen skandinavischen Schweinerock-Retro-Boom. Wir sind da von Anfang an voll drauf abgefahren, Hellacopters, Gluecifer etc. Und durch diese Bands wiederum auf MC5, Radio Birdman und so. Ich hatte dann noch einige Jahre ne Band The Dynaminds, da haben wir auch so nen alten Rock’n‘roll Sound gemacht. Und so kam das auch automatisch bei PK mit rein. Dazu muss man auch sagen, dass wir da immer weniger Deutschpunk gehört haben und mehr so alten UK und Amipunkrock.

Wie haben eure Fans darauf reagiert?
C: Ganz unterschiedlich: die knallharten Deutschpunkfans konnten damit meist überhaupt nix anfangen, da wurde schon gemeckert wenn überhaupt englisch gesungen wurde oder mal ein Song ein Gitarrensolo hat. Da kamen dann so Aussagen „Popperklopper müssen Deutschpunk spielen“ und „zu rockig“. Da frag ich mich wie kann denn PunkROCK zu ROCKIG sein?? Ist das so wie wenn Jazz zu jazzig oder Bier zu lecker ist?? Aber wie gesagt, das sind Leute die ausschließlich Deutschpunk hören und sich mit der Entwicklung des Punksounds überhaupt nicht beschäftigt haben, die kennen nicht mal die Stooges oder so..ist ja auch egal, kann ja jeder machen wie er will. Andererseits gab es aber auch sehr positive Reaktionen, dass wir eben nicht einfach immer weiter unseren Deutschpunk runtergespielt haben. Ich denke das wäre auch irgendwann langweilig geworden. Man will sich als Musiker ja wenigstens auch ein bisschen weiterentwickeln.

Warum blieb es nur bei dem einen Album das ihr gemeinsam mit Patty von Cut my Skin aufgenommen habt?
C: Ich denke das Album ist mehr so als ein Nebenprojekt anzusehen. Wir hatten immer schon ein sehr gutes Verhältnis zu Patty, waren vor Jahren oft mit Scattergun auf Tour und sind seitdem gut befreundet. Ich erinnere mich aber noch, dass wir mal ne Nachricht von ihr bekamen, wir sollten doch einfach alle nach Berlin ziehen und dann würden wir so ne Art Supergroup gründen….hahaha….wär bestimmt ein Spaß geworden..

Hattet ihr in dieser Phase mal überlegt, euren Namen zu ändern?

Das war tatsächlich mal kurz ein Thema, als wir die Songs für die „No Compromise“ am schreiben waren. Da war uns schon relativ klar dass das mit Popperklopper nicht so ganz passen würde. Ich meine Poppperklopper stand ja schon für ne klare Richtung. Wir überlegten damals auch nen neuen Sänger zu suchen, ich glaub einer kam sogar mal zum vorsingen…aber im Endeffekt dachten wir uns Scheiss drauf, wir sind Popperklopper und haben halt jetzt mal Bock auf was anderes und das wird jetzt so durchgezogen. Im Endeffekt hat ja dann Patty die Hälfte der Platte gesungen (überwiegend die Songs die mir mit meiner Deutschpunk-Gröhlstimme nicht so lagen…), sodass man eher von einem Projekt „Poppperklopper mit Patty Pattex“ sprechen kann.

Ihr wart 2005 auf Tour in Russland. Wie kam es dazu?
C: Da wurden wir von Fans aus Moskau kontaktiert, die hatten gerade unsere ersten beiden Alben in Russland wiederveröffentlicht und da haben wir natürlich sofort zugesagt. In Moskau haben wir dann erstmal realisiert, dass unsere Musik dort tatsächlich bekannt war und total abgefeiert wurde. Das war natürlich ein Riesending, hätten wir nie für möglich gehalten.

Aus Russland hört und liest man häufig ziemlich üble Geschichten. Punks und Antifas werden dort zum Teil gezielt von Nazis überfallen und zum Teil auch ermordet. Habt ihr davon was mitbekommen auf euren Konzerten oder ist man da als westliche Band außen vor?
C: Oh ja, das ist allerdings äußerst übel was da teilweise abläuft. Solche Überfälle sind dort nicht selten. Ich muss dazu sagen, dass wir damals auch viel zu leichtsinnig waren. Die Leute die uns begleitet haben haben uns da schon mehrmals drauf aufmerksam gemacht, nicht alleine auf die Straße zu gehen, etc. Die haben sich wirklich gut um uns gekümmert, aber wie es halt manchmal so geht, spät nachts geht irgendeiner sturzbetrunken „mal kurz runter Bier holen“ und so. Das ist uns eigentlich erst später bewusst geworden, auch nachdem wir von unseren Freunden von ACK und Hausvabot ganz üble Sachen gehört haben, die ihnen da passiert sind. Ursprünglich wollten wir direkt nochmal zurück auf Tour nach Russland, aber das hat uns dann doch sehr abgeschreckt. Mal sehen ob wir da nochmal etwas hinkriegen.

Euch gibt es jetzt mehr als 20 Jahre. Die wenigsten Beziehungen halten solange. Spielt doch mal Beziehungsratgeber: Was braucht es um so lange zusammen zu bleiben?
C: Ja, beziehungstechnisch sollte man hier vielleicht mal die Bonobo-Affen zum Vorbild nehmen: Sex als Stressbewältigung…..hahaha…..nee, ich denke was bei uns ein großer Vorteil ist, dass wir nur zu dritt sind. Es läuft grundsätzlich alles demokratisch ab, entweder sind zwei Leute dafür oder zwei dagegen. So sind wir eigentlich immer ganz gut gefahren. Je mehr Leute in ner Band, umso komplizierter wird es. Es gibt zwar auch Bands wo das Prinzip Bandchef hat das Sagen funktioniert, aber das wär nix für mich.

„20 JAHRE POPPERKLOPPER BEST OF CD + LIVE DVD“ ist bei Aggressive Punk Produktionen erschienen.

Written by Falk Fatal

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