„Wir haben gedacht „Nachhause.“ Das ist es! Total geil!“

Inner Conflict haben für ihr neues Album kräftig auf den Resetknopf gedrückt, um wieder bei null beginnen zu können. „Nachhause“ heißt das Resultat –  bei dem vieles anders ist, das aber trotzdem vertraut klingt. Warum das so ist, verraten Inner Conflict im Interview mit Trashrock.

Manchmal müssen einfach neue Wege beschritten werden, um Stillstand zu verhindern. Nachdem fast 19 Jahre lang ein Drumcomputer treu seine Dienste verrichtete, holten sich die Kölner mit Balo (ex-Rasta Knast) einen Schlagzeuger aus Fleisch und Blut an Bord. Kurz darauf ging es schon ins zu Guido Lucas ins BluBox-Studio und „nachhause“ wurde aufgenommen. Wer befürchtet hat, Inner Conflict würden mit Drummer auch ihren Sound ändern, kann beruhigt werden.

Inner Conflict spielen immer noch straighten, melodischen Hardcore-Punk, der dank Sängerin Jennys Stimme aber immer einen leicht melancholischen Unterton hat. Die Texte sind persönlich und kritisch, aber nie klischeebeladen. Und das CD-Layout ist ebenfalls sehr Schmuck und stimmungsvoll. Alles gut also? Ja, fast. Denn mir fehlen, ein wenig die zwei, drei Songs, die dauerhaft hängen bleiben. Dennoch eine gute Platte, die Freunden der Band gefallen wird.

Inner Conflict – nachhause by innerconflict

Euer neues Album ist das erste überhaupt in eurer fast 19-jährigen Bandgeschichte mit Schlagzeuger. Habt ihr keine Lust mehr gehabt, bei Konzerten zunächst immer komisch angeschaut zu werden, weil da niemand am Schlagzeug sitzt, sondern ein Drumcomputer stoisch seine Arbeit verrichtet?

Carlo: Wir hatten Ende 2009 ungefähr die Hälfte der neuen Songs fertig und der Rest war so’n Gemisch aus mehr oder weniger konkreten Songideen. Programmiertechnisch war ich nicht mehr so richtig zufrieden und hatte das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Dann ein kurzer Aufruf – Ballo meldet sich und  11 Proben später sind wir ins Studio gegangen.

Wo habt ihr euren neuen Schlagzeuger Ballo gefunden?

Carlo: Kennen tun wir uns schon ziemlich lange, bei nem day-off und „Bad taste“ gucken haben wir uns verliebt und gemeldet hat sich Ballo nach unserem Post bei myspace.

War das strategisch nicht eher ein unkluger Zug? Jetzt gibt es noch einen mehr in der Band, der das Backstagebier wegtrinkt.

Carlo: Scheiße – jetzt wo du’s sagst. Daran hab ich noch gar nicht gedacht 😉 Bis jetzt haben wir trotzdem überall genug Bier bekommen.

Jenny: Das war auch meine Befürchtung, aber mit Ballo macht Bier trinken sogar noch mehr Spass!!

Ich vermute das war für euch zunächst eine große Umstellung?

Carlo: Oh ja. Proben ist plötzlich doppelt so laut und macht Spass. Und Konzerte spielen auch. Also noch mehr als vorher.

Jenny: Stimmt – besonders live ist der Spaßfaktor sehr gestiegen.

Rönné: Die größte Umstellung ist eigentlich, dass es noch komplizierter wird zu proben, wenn man zum eine Band, die eh schon aus 4 Schlunzköppen aus Köln besteht mit einer Person aus einer fast 400 km entfernten Stadt, aufstockt. Zusammen spielen war eigentlich keine große Umstellung.

Wie reagiert das Publikum bisher auf die Umstellung?

Carlo: Es ruft keiner mehr „Schlagzeugsolo“ nach dem vierten Lied.

Geht ihr mit jetzt mit Schlagzeuger anders ans Songwriting heran?

Carlo: Wenn wir alle zusammen proben, kommen schnell ein paar gute Ideen zusammen und wir können schneller Sachen ausprobieren und variieren. Ein neuer Song, den ich im Proberaum den anderen gezeigt habe, stieß eher auf mäßige Begeisterung. Ballo schlug eine andere Betonung vor und plötzlich rockt dat Ding wie Hulle. Sowas war vorher so spontan und schnell nicht möglich. Die Zeit zwischen den Proben müssen wir uns zusammenreißen, um auch ohne Ballo an Sachen weiterzuarbeiten.

Rönné: Und es ist natürlich eine ganz neue Person mit Input dabei. Also wir vier ohne Ballo sind ja auch schon seit 13 Jahren zusammen. Was Vor- und Nachteile hat.

“Nachhause” ist auch die erste Platte, die ihr komplett in Eigenregie herausbringt. Aus welchem Grund verzichtet ihr dieses Mal auf die Unterstützung eines Labels?

Carlo: Das ist ehrlich gesagt ein bisschen aus der Not heraus geboren. Als wir im August ins Studio gegangen und wussten noch nicht, ob da am Ende was Brauchbares rauskommt. Plötzlich waren wir schneller fertig als gedacht und waren dann heiß darauf das rauszubringen. Bis zu dem Zeitpunkt hatten wir noch gar nicht mit Tobi (Twisted-Chords) darüber gesprochen. Da er auch noch andere Veröffentlichungen am Start hatte, passte das dann bei ihm zeitlich nicht so gut rein. Alternativ kam uns dann die Idee, das selber in die Hand zu nehmen und irgendwie hat uns die Vorstellung gefallen, uns um alles selber zu kümmern. Ist ein Haufen Arbeit, aber bis jetzt macht es Spass.

Ballo: Es ist durchaus interessant, an dem Prozess einer Entstehung eines Tonträgers unmittelbar beteiligt zu sein…also wir haben an der Platte quasi alles alleine gemacht…selbst die Coverfotos hat die Jenny geschossen, der Rönné und die Jenny haben das Cover gebastelt, Carlo hat die Pressung organisiert, und alles mit dem Presswerk besprochen, Ballo hat sich um den Vertrieb und die Propaganda gekümmert…Platten verschickt, und so weiter und so fort…wir haben alles selber gemacht, Kontakte aufgebaut, reaktiviert…man tauscht mit anderen Labels, Bands…man ist einfach mehr im Geschehen involviert, als wenn ein Label das für eine Band macht….wobei der Tobi von TWISTED CHORDS ein feiner Mensch mit einem ausgezeichneten Musikgeschmack ist. Aber es ist durchaus auch mal ne schöne Erfahrung, wenn man selber mitbekommt, was das eigentlich für Arbeit ist, die dahinter steckt. Und wenn wir ehrlich sind, uns macht diese Form der „Arbeit“ ja auch Spaß, man bekommt direkt mit, wer sich für das interessiert, was man macht…und muss nicht doof das Label fragen „Hey, wieviel habt ihr denn bis jetzt verkauft?“…auch den direkten Draht zu den Hörern finde ich sehr nett…es ist so schon viel persönlicher…und auch etwas familiärer…und auch wesentlich interessanter…

Klar ist sowas auch teuer und es hat auch nen Haufen Asche gekostet, aber so wird dann halt mal beim ALDI gekauft, der Fernsehsessel verkauft oder das gesammte Hab und Gut bei EBAY verramscht…wir wollen schließlich die Musik, die wir machen auch leben, und vor allem erleben…in ganzen Zügen…und das ist auch das, was für mich persönlich den DIY Anspruch ausmacht!

Aber ohne die Tipps und Kniffe anderer wäre das ja auch nichts geworden…und auch aus den Erfahrungen, die man im Vorfeld gesammelt hat…Platten machen macht spaß.

Rönné: Zumal wir ja auch so angefangen haben: die ersten drei 7“s sind alle in Eigenregie bzw. mit Freunden und/oder Bekannten an den Start gebracht worden. Man hatte wirklich über die Zeit ein wenig vergessen, dass Sachen selber machen auch spannend ist. Neben der Arbeit.

In eurem Bandinfo schreibt ihr, es klinge jetzt wie nachhause kommen. Könnt ihr das ein wenig näher erläutern?

Ballo: Es ist schon so, das es irgendwie ein schönes Gefühl ist, wenn man wieder nach Hause kommt…geht mir jedenfalls so…ich bin gerne zu Hause, höre Musik, lese, gucke fern…aber man kann das „Nach Hause kommen“ auch wie ein „Back to the Roots“ empfinden…das ist schon ganz schön interessant.

Der Plattentitel endstand erstmal, weil im Song „7 Meilen Stiefel“ irgendwann im Chorus das Wort „Nachhaauuuuuuuuussssee“ gesungen wird…wir waren da gerade an der Überlegung, einen Plattentitel zu finden…das ist ja manchmal schon ein schwieriges Unterfangen…nicht plump…oder kitschig…geht ja gar nicht…naja, wir haben gedacht „Nachhause“…das ist es! Total geil! Wir empfinden es so, als käme man nachhause. Das Bandinterne ist so, als käme man nach Hause und man trifft sich mit seiner Familie zum großen Essen…und bei INNER CONFLICT ist es so: Wir sind alle leidenschaftliche Esser, Trinken gerne Bier, Wein…was halt da ist…und es ist immer wie ein Ausflug mit der Familie…wenn wir an irgendeinem Konzertort zu früh da sind, dann schlendern wir noch durch die Stadt…es ist ein tolles Gefühl…und so fühlt es sich an…man ist zu Hause bei seinen Lieben…

Carlo: Das hat auch etwas mit dem Sound zu tun. Wir haben zum ersten Mal alle Instrumente live aufgenommen und Guido Lucas hat uns in seiner Blubox einfach so klingen lassen wie wir. Dazu kommt noch das Spielgefühl mit Ballo an den Kesseln, was einfach noch viel schöner ist als vorher. Wie nachhause kommen halt. Fühlt sich gut an.

Besten Dank für das Interview!

„Nachhause“ kann direkt bei Inner Conflict gekauft oder bei allen bekannten Mailordern bestellt werden.

Written by Falk Fatal

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