Oiro. Allein schon der Name ist Gold und passend. Waren Oiro für mich doch immer der etwas prollige Abklatsch der ganzen Jensen-Bands. Das ist gar nicht böse gemeint. Proll ist toll. Und Oiro haben für mich einige unvergessliche Hits geschrieben, wie zum Beispiel “Oi-Spießer gib mal Feuer”, “Gelber Schnee”, “Terrorist Marion Mustermann” oder “Streichelzoo” und doch haben die Düsseldorfer mit ihrer Single-Compilation “Gruppe ohne Therapie” ihr bisheriges Meisterwerk vorgelegt. Ein Hitfeuerwerk ohnegleichen, um einmal an dieser Stelle Dieter Thomas Heck zu zitieren, Gott habe ihn selig.
Wer es jetzt noch nicht weiß, erfährt es jetzt: Die fünf Oiro-Mitglieder haben in den von 2009 bis 2011 fünf Solo-Singles aufgenommen und veröffentlicht. Jedes Bandmitglied eine Single. Die allein, jeweils für sich, waren schon toll. Zeigten sie doch, wie unterschiedlich die Herangehensweise und die Geschmäcker der einzelnen Bandmembers sind.
Und trotzdem klang jede Single nach Oiro. Von Songs, die auch auf vorhergehenden Oiro-Platten drauf sein könnten, wie das sehr Jensige (aber geile) “Ein Schritt um die Ecke oder das geniale „Turnschuh im Stacheldraht“, über astreinen Metal wie “Love is not my Ding“ bis zu dem angeschlagerten und an die Goldenen Zitronen erinnernde (und genialem) „Ozean der Anarchie“, indem ich, seitdem die Platte bei rauf und runterläuft, beständig versinke. Nicht zu vergessen „Wenn Leila Wasser holt“, eine starke Verneigung vor den Boxhamsters.
Verteilt auf den Singles ging die Klasse der Songs ein wenig verloren, oder besser gesagt, sie standen einzeln da. Jetzt im Zusammenspiel entfalten sie erst ihre große Klasse. Dazu trägt auch bei, dass die Songs nicht chronologisch nach Erscheinen, sondern bunt gemischt auf die Compilation gepackt sind. Und hier zeigt sich dann, das Oiro eine großartige Band sind. Jeder für sich allein: gut.
Alle gemeinsam: genial.
Was hier vielleicht etwas holprig klingt, vermag die Band natürlich viel besser auszudrücken. Lassen wir sie also zu Wort kommen.
“Die Stücke der Solo-Singles sind der Versuch neue Mauern aufzubauen.
Durch die gewonnene Freiheit sind wir laut und da. Wir wollen uns verstehen und erschaffen. Eine neue Sprache finden, andere Takte erzählen und Geschichte Geschichte sein lassen. 19 Stücke, davon die meisten mit viel Ausprobieren, selbst im Proberaum aufgenommen, Gäste aus Berlin und Brighton eingeladen, Schlager und Speed-Metal umarmt und zertrümmern.
Unsere Zusammenstellung, künstlerisch und politisch, wird wieder zum Kollektiv Oiro. Klare Positionen und die Suche nach der Sprache und der Musik, um das Dasein im Hier und Jetzt zu kommentieren und noch stärker zu formulieren.”
Starker Tobak, gewiss. Aber stärker hätte ich es auch nicht formulieren können. Oi!
Erschienen bei Ritchie Records
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