PASCOW – Diene der Party LP/CD

pascow_promo_quer_4“Diene der Party” ist das langersehnte neue Album von Pascow. Es ist das Beste bisher.

Pascow sind in der deutschen Punkszene ja so etwas wie Everybody’s Darling. Ich kenne eigentlich niemand, der die Band schlecht findet, dafür aber viele, viele Menschen, die die Band vergöttern – egal, ob das jetzt Bollo-Hardcorejünger oder Deutschpunkasseln, Dackelblut-Liebhaber oder Filmriss-Freunde sind. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das neue Album der Saarländer von vielen sehnsüchtig herbei ersehnt worden ist. Und hier ist es nun: “Diene der Party”.

Der erste Eindruck: Pascow klingen immer noch nach Pascow. Der zweite Eindruck: Irgendwie fehlt der Hit. Der dritte Eindruck: Es gibt doch Hits. Aber der Reihe nach.

Bild: CoverPascow klingen immer noch nach Pascow: Nach einem kurzen Schlagzeug-Auftakt setzen Bass und Gitarren ein, gewohnt melodisch-melancholisch. Vier Takte später gesellt sich auch Sänger Alex mit seiner kratzig-wütenden Stimme dazu und spätestens jetzt ist klar: Wer auch immer die Befürchtung hegte, Pascow könnten versuchen, mit ihrer neuen Platte dem Punkrock den Rücken zu kehren und im Indie-Pop oder Alternativerock das kommerzielle Glück zu suchen, kann beruhigt aufatmen. Pascow biedern sich mit “Diene der Party” bei keiner neuen Konsumentenschicht an.

Trotzdem wiederholen Pascow mit “Diene der Party” nicht einfach alte Strickmuster. Die Band hat sich im Vergleich zu “Alles muss kaputt sein” weiterentwickelt. Allerdings nicht in solch einem Ausmaß, dass es alte Hörer verschrecken könnte.

Sie machen das ganz geschickt. Statt Revolution gibt es hier eine Evolution zu hören. Pascow verfeinern ihren Stil, verändern in Nuancen altbekannte Zutaten und werden musikalisch vielschichtiger, ohne dass die Songs überladen wirken. Sie öffnen sich aber auch neuen Einflüssen (oder trauen sich vielleicht auch nur endlich, diese einzusetzen). So begeistern der Titelsong “Diene der Party” oder “Castle Rock” mit einem tanzbaren Groove, den es auf den Vorgängerplatten so nicht zu hören gab. Das erinnert ein wenig an alte Songs von Gossip oder auch Gang of Four.

Und noch eine Neuerung, die der Band gut steht: Die Texte sind weniger kryptisch als auf den Vorgängern. So wird in “Lettre Noir” deutlich Stellung gegen die Patridioten von Frei.Wild und die Teile der Musikindustrie bezogen, für die dieser Patriotismus nichts weiter als ein Marktlücke ist, die es zu bedienen gilt. “Die Hölle näht fast alle Fahnen, auch die die sie zum Echo tragen. Es bleibt ein Tölpel, wie er hetzt, wenn man den Pathos übersetzt”, heißt es dazu treffend in dem Lied. In eine ähnliche Richtung geht “Zwickau sehen und sterben”, nur das der NSU-Komplex hier das Thema ist. “Merkel Jugend” wiederum ist ein Abgesang auf das marktwirtschaftliche Karriere-Diktat der Arbeitswelt.

Überhaupt scheint die Spannung zwischen dem eigenen Idealismus und der schnöden Realität, die einfach andere Anforderungen an das Leben stellt, wenn man Mitte Dreißig ist, vielleicht für eine Familie sorgen muss und sonst damit beschäftigt ist, die eigene kleine Existenz zu sichern, das Thema der Platte zu sein. Da bleibt für den Idealismus nicht immer der Platz, den er vielleicht mit Anfang 20 hatte. Immer wieder blitzt das Thema in den Texten auf. Zum Beispiel im Titelsong (“Sand zu Öl, Mut zu Fleiß, denn ohne Arbeit wärst Du viel viel viel zu klein.”), in “Fliegen” (“In Luftschlössern wohnt man nicht, man kann nur Miete zahlen”) oder in “Castle Rock” (“Und was Nestlé so macht bekomme ich selten noch mit, denn die Zeit, die mir fehlt, ist das Geld, das ich krieg.”). Weniger Rachut, mehr Slime könnte man zugespitzt sagen – auch wenn Pascow immer noch meilenweit davon entfernt sind, den Phrasendrescher anzuwerfen.

Mein zweiter Eindruck war, dass hier der Hit fehlt. Das ist natürlich Quatsch. Das Album strotzt nur so vor qualitativ hochwertigen Liedern, die sich für lange Zeit in den Gehirnwindungen festsetzen. Die schon erwähnten “Castle Rock” und “Diene der Party”, aber auch “Im Raumanzug”, “Unten am Fluss” oder “Zwickau sehen und sterben” gehören definitiv zu den Ohrwürmern des Albums. Sie brauchen halt nur etwas länger, bis sie zünden. Aber auch die restlichen Songs wissen sehr zu gefallen.

„Diene der Party” ist ein rundes Album ohne Lückenfüller und Leerlauf. Ich höre das Album jetzt seit einigen Wochen mindestens einmal täglich und es wird nicht langweilig. Und das ist vielleicht die stärkste Leistung von Pascow: Dass sie es auch nach mehr als 15 Jahren schaffen, mit “Diene der Party” ein erstklassiges Album, ich würde sogar behaupten, das beste Album bisher, zu veröffentlichen. Chapeau!

“Diene der Party” erscheint am 28. Februar 2014 bei Kidnap Music und Rookie Records

Disclaimer: Das Buch, das mit der LP-Deluxe-Box erscheint, enthält einen Text von mir. Das ändert aber nichts an meiner gnadenlosen Subjektivität.

Written by Falk Fatal

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