TOM TONK – Raketen in Feinripp Buch

feinripp_headerTom Tonk veröffentlicht die dritte Zusammenstellung seiner Ox-Kolumne Raketen in Rock. Das Resultat ist großartig. Wer sich jedoch davor scheut, in der Öffentlichkeit Lachanfälle zu bekommen, sollte das Buch nur im stillen Kämmerlein lesen.

Ich habe Tom Tonk vor rund einem halben Jahr persönlich erlebt. Meine kleine Band spielte zusammen mit den großen Eisenpimmel, deren Sänger Tonk ja ist, und so durften wir einige Zeit gemeinsam im Backstageraum verbringen. Eine imposante Erscheinung, die durch den AC/DC-Rückenaufnäher, der auf die Rückseite seines Parkas genäht war, einen bleibenden Eindruck hinterließ. Unterhalb des bekannten Schriftzugs war in deutlich kleinerer Schrift folgender Spruch eingestickt: “Aber nur mit dem alten Sänger.” Großartig!

Ansonsten hielt ich mich allerdings zurück, zu groß war meine Schüchternheit, den großen Tom Tonk anzusprechen. Zu groß meine Angst, irgendetwas dummes zu sagen. Denn man muss wissen: ich bin Fan von Tom Tonk. Jetzt weniger von seiner Musik und Rentokill Rent A Cow, Jimmy Keith & the Shocky Horrors oder jetzt Eisenpimmel, die war immer ganz nett, mehr aber auch nicht. Aber der Mann kann schreiben wie ein junger Gott! Eines meiner absoluten Lieblingsfanzines ist bis heute das Hullaballoo. Was habe ich damals Tränen gelacht, als ich gierig jeweils die neuste Nummer auf dem Pott sitzend verschlang. Ich erinnere mich noch an eine Geschichte, in der er eigentlich beschrieb, wie es im Osnabrücker (oder war es im Oldenburger?) Hauptbahnhof zugeht, wie es dort aussieht, was dort für Typen rumhängen. Das hatte schon etwas von Alchemie: Aus Scheiße Gold machen oder anders ausgedrückt: aus einer Vorlage, die für alle anderen die pure Langeweile darstellt, einen witzigen und unterhaltsamen Artikel zu schreiben. Das können nur ganz wenige Autoren. Tom Tonk gehört zu denen.

Oder sein Roman “Die Stones sind wir selber”, den er zusammen mit Zepp Oberpichler geschrieben hat. Ein tolles Buch, das ich damals in einem Rutsch durchgelesen habe und das in jedes gut sortiertes Bücherregal gehört.

feinrippSeit vielen Jahren schon schreibt Tom Tonk eine Kolumne für das Ox Fanzine, in der er vordergründig mal mehr, mal weniger obskure Platten bespricht. In diesen Rezensionen geht es meist weniger um die Scheibe oder die Band, sondern Erlebnisse, die Tonk mit dem Album verbindet. “Raketen in Feinripp” ist nach “Raketen in Rock” und „Raketen in Dosen” nun schon die dritte Zusammenstellung seiner Kolumnen. Die Spannbreite der behandelten Themen ist dabei immens: Mal geht es darum, wie viele Stunden und Arbeitsschritte es braucht, ein Bild aufzuhängen, mal darum, wie Tonk nachts ohne Licht über Feldwege quer durch den Ruhrpott nach Hause fährt oder wenn er über die gemeinsame Kinderzimmerband Die Tonkies schreibt, die er mit seinem Bruder hatte. Und über allem steht der Ruhrpott, der den Rahmen für die zum Teil absonderlichen, aber immer witzigen Geschichten bildet. Das alles sind jetzt vielleicht nicht die spektakulären Themen, aber Tonk versteht es mit Sprachwitz, Charme und Gespür für die richtige Pointe zu begeistern.

Das einzige, was ich nicht verstehe: Wie kann ein Mensch nur solch schlimme Schallplatten im Regal stehen haben. Kleine Kostprobe gefällig? Michael Holm, Humble Pie, Harry Horror, Reo Speedwagon, Die Puhdies oder Lou and the Hollywood Bananas sind nur ein paar Namen aus dem Kabinett des Grauens in das Tonk regelmäßig in seiner Kolumne und jetzt in “Raketen in Feinripp” Einblick gewährt.

Bei normalen Menschen finden sich solche Scheiben allerhöchstens im Giftschrank. Andereseits: Von normalen Menschen will ich auch nichts lesen.

“Raketen in Rock” ist bei Salon Alter Hammer erschienen

Nachtrag: Vielen Dank an Ben Bazooka für den Hinweis, dass Tom Tonk nie bei Rentokill gespielt hat, sondern bei Rent A Cow.

Written by Falk Fatal

Schreibe einen Kommentar