PUNKROCK UNTER PALMEN

punkpalmen.jpgIch war im Urlaub. Wer Trashrock regelmäßig liest, hat das vielleicht mitbekommen. Zwei Wochen war hier nix los. Aber auch am Palmenstrand war ich nicht untätig und habe fleißig neue Punkrock-Platten gehört und besprochen. Welche das waren, könnt ihr hier lesen.

DISCO//OSLO hatte ich bisher ja immer irgendwie als die kleinen Brüder von Pascow abgetan. Ich muss aber auch gestehen, dass ich mich mit der Band vorher nicht groß befasst hatte – bis wir im März auf der Pascow-Release-Party in Trier waren. Da spielten Disco//Oslo als erste Band und wir dachten noch so: “Bei der Vorband können wir uns ruhig weiter nach vorne wagen, ohne blaue Flecken zu kassieren, da passiert außer Füße wippen eh noch nix.” Pustekuchen. Da ging einiges. Und das mit Recht. Die darauffolgenden Bambix wurden von den Nordlichtern lockern an die Wand gespielt.

Was ich mit dieser kleinen Episode eigentlich sagen will: Disco//Oslo sind eine klasse Band. Und deshalb bin ich froh, dass es für mich Spätchecker jetzt eine CD gibt, die die bisher veröffentlichten Vinylschätze auf sich vereint. Dazu kommt noch ein unveröffentlichter Song – macht insgesamt 15-mal feinsten deutschsprachigen Punkrock, der sich musikalisch irgendwo zwischen Pascow, Turbostaat, Dackelblut und genügend Eigenständigkeit bewegt, textlich klug ist, ohne dabei allzu verkopft zu wirken und dir trotzdem genügend Spielraum für eigene Deutung lässt. Disco//Oslo sind eine tolle Band, der im deutschen Punkzirkus noch eine große Karriere bevorsteht. “Never say Goodbye. Solange mein Herz schlägt, bist Du dabei.” In bin ab jetzt jedenfalls Fan.

In eine ähnliche Richtung, wenn auch mit einem deutlich traurigeren Hintergrund, gehen CIGARETTES CROSSFIRES auf ihrem Zweiten, selbst-betiteltem Album. Trauriger deshalb, weil Mitte Juli Drummer Henkka bei einem Skateboard-Unfall ums Leben kam. Ihm ist das Album gewidmet. Das aber hat es in sich. Kein Wunder, wenn man weiß, dass hier Leute von Manifesto Jukebox und Endstand mit an Bord sind. Melancholischer Punk trifft hier auf wuchtigen Hardcore und ergibt einen intensiven Bastard aus Punk und Hardcore. Geile Mischung. Hört euch “Mud” an oder “Ready to go” und ihr wisst, was ich meine! Klasse Band, tolles Album – auch wenn es einen traurigen Hintergrund hat. R.I.P. Henkka!

Eine derbe Band sind auf jeden Fall THE POOR DEVILS aus Würzburg, die mit “Tower of Strength” ihr Debüt-Album vorstellen. Ich bin mir sicher, dass die 2011 gegründete Band bei einem Bonecrusher-Look-a-like-contest gute Chancen auf eine vordere Platzierung hätte – obwohl sie sicher auch große Rancid-Fans sind. Deren Einfluss ist nämlich auch deutlich auf “Tower of Strength” zu hören. Stellt euch also Rancid mit Raybo von Bonecrusher am Gesang vor und ihr bekommt einen ungefähren Eindruck davon, wie The Poor Devils klingen. Nichts für schwache Gemüter! Live ist das bestimmt ein großer Spaß. Oi!

bootskadaverMaximale Verwirrung erzeugt der Soundtrack zu dem Film “BOOTSKADAVER”. Der subkulturgeprägte Musikfreund erwartet hier natürlich eine Ska-Band. Denn es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, das Ska-Bands das “Ska” im Namen tragen müssen (jaja, ich weiß, es gibt Ausnahmen. Die bestätigen aber die Regel :-P) Wer sich darauf aber verlässt und die CD kauft, um den neusten Ska-Geheimtipp kennenzulernen, schaut hier gewaltig in die Röhre. Nix Ska auf dem Bootskadaver, sondern einen schönen, melancholischen Liedermachersong von Labsklaus, eine Polka-Balkan-Beat-Nummer von Joscha Baltes und einen Hip-Hop-Track von Smith & Smart gibt es hier zu hören. Inklusive der Instrumentalversion des Titeltracks von Labsklaus sind hier also vier Lieder enthalten. Wer den Film gesehen hat, wird vielleicht auch die CD brauchen. Für den Rest dürfte die CD eher uninteressant sein.

ramonasUm einen klaren Fall von enttäuschten Hörererwartungen handelt es sich auch bei der neuen CD der RAMONAS aus München, die “Isarlive” heißt. Wenn ich Ramonas lese, erwarte ich vier Mädels, die Ramones covern, und nicht glatzköpfige, ziegenbärtige Typen, mit bayrischem Zungenschlag ihren Helden nacheifern. Natürlich mit eigenen, im Dialekt gesungenen Texten. Bäh, des mog i ned – selbst wenn ich bei der Textzeile “Pferdeleberkas, damit macht die Brotzeit Spaß” schmunzeln musste. Das erinnert mich vom Konzept an Handkäs’ Ede und die Bretzelmänner aus Rüsselsheim. Die covern ebenfalls Ramones-Klassiker (aber nicht nur) und singen dann auf hessisch Texte über Handkäse dazu. Ein gemeinsames Konzert der beiden Bands wäre sicher eine interessante Sache und könnte Großes leisten für die hessisch-bayrische Freundschaft. Aber mein Fall ist die “Spider Murphy Gang auf 45 RPM” nicht. Wenn ich Ramones hören will, höre ich Ramones. Wenn ich bayrisch hören will, höre und schaue ich Gerhard Polt.

volloffummeKommen wir also wieder zu etwas Handfesterem: dem neuen Labelsampler von Puke Music. VOLL UFFE OMME VOL.2 heißt der, enthält 15 Songs und gibt es einen guten Überblick über die aktuellen Bands des Berliner Labels, wie etwa The Bermones, Oxo 86, Zaunpfahl, Anticops, No Exit, The Pokes, Volker Putt oder C.O.R. enthält. Da es die Scheibe zum Midnice-Preis gibt, ist das eine lohnenswerte Sache für Leute, die Deutschpunk und Oi nicht abgeneigt sind.

Ob Mike Ryan und Bruce Gillis eine der Bands kennen, die auf Puke Music veröffentlichen, wage ich zu bezweifeln. Aber dass die beiden Kanadier, die zusammen THE TOWN HEROES sind, schon einmal Weezer gehört haben, darauf würde ich einen Fünfer wetten. Zumindest fielen mir Weezer spontan ein, als ich “Saturday Movies”, das Debütalbum der Town Heroes zum ersten Mal hörte. In Kanada ist das Album gut aufgenommen worden und dank Rookie Records kann man es jetzt auch in Deutschland hören. Ich bin mir sicher, in der hiesigen Indieszene wird das Album gut ankommen. Mir ist der Sound allerdings etwas zu zahm, auch wenn es mit “New York City” oder dem Titeltrack “Sunday Movies” durchaus kleine Perlen zu entdecken gibt.

CouchdiversDeutlich länger als The Town Heroes existieren die COUCHDIVERS aus Hannover. Mir waren sie bis vor Kurzem allerdings völlig unbekannt. Aber das lässt sich mit dem neuen, dem dritten Album der Band, “Change Your Frequency”, ja ändern. Die Couchdivers spielen eine Mischung aus Old School Hardcore und melodischem Punk. Das machen sie gar nicht schlecht. Aber halt auch nicht so, dass mir eines der elf Lieder auf “Change Your Frequency” längerfristig in Erinnerung bleiben würde. Sorry.

Zu einem anderen Urteil komme ich bei “Libertalia”, dem Debütalbum von Braindead aus Hamburg. Sympathische Attitüde, korrekte politische Einstellung und eine gute Herangehensweise treffen hier auf einen Mix aus Ska, Punk, Dub und Hardcore. Musikalisch ist das sehr vielfältig und gut gespielt. Vor allem der Auftaktsong “Man enough”, der was von 7 Seconds hat, und dem Rausschmeißer, “Push em Back”, einer tollen Dub-Nummer, sind mir in Erinnerung geblieben. Und zwei Songs, an die ich mich auch Tage später erinnern und vorsummen kann, sind gar keine schlechte Ausbeute. Also eine gute Scheibe. Und wer Bands wie Choking Victim, Leftöver Crack oder Operation Ivy mag, kommt an dieser Scheibe ohnehin nicht vorbei.

DISCO//OSLO – Album + EP CD ist bei Antikörper-Export erschienen

CIGARETTE CROSSFIRE – s/t LP/CD ist bei Waterslide Records erschienen

THE POOR DEVILS – Tower of Strength CD ist bei Puke Music erschienen

V/A – BOOTSKADAVER CD ist bei Puke Music erschienen

RAMONAS – Isarlive CD ist bei BSC Music erschienen

V/A – VOLL UFFE OMME Vol.2 CD ist bei Puke Music erschienen

THE TOWN HEROES – Sunday Movies CD ist bei Rookie Records erschienen

COUCHDIVERS – Change Your Frequency CD ist bei Antikörper Export erschienen

BRAINDEAD – Libertalia CD ist bei Antikörper Export erschienen

Written by Falk Fatal

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