ABWÄRTS – Krautrock CD/LP

abwärtsAbwärts haben ein neues Album veröffentlicht. “Krautrock” heißt es. Glücklicherweise klingt es nicht so.

Abwärts haben mit der “Computerstaat”-Single und der darauffolgenden “Amok Koma” LP Punkgeschichte geschrieben. Auch das darauf folgende “Der Westen ist einsam” ist ein klasse Album. Dann löste sich die Bband erst einmal auf. Mitte der 1980er reformierten sich Abwärts wieder und extierten bis Mitte der 1990er in wechselnden Beseztungen. In dieser Zeit ist meiner Meinung nach nur ein gelungenes Album erschienen: “Ich sehe die Schiffe den Fluss herunterfahren”. Den Rest kann man getrost ignorieren. Das ist oftmals Pathos-Rock der schlimmsten Sorte. Seit 2004 sind Abwärts wieder als Band aktiv, seitdem übrigens mit Ärzte-Bassist Rod Gonzales an der Gitarre. Seitdem haben sie mehrere Alben veröffentlicht, von denen ich allerdings nur “NuProp” kenne. Das fand ich seinerzeit musikalisch ansprechend, textlich war mir das zum Teil aber einfach zu blöd. Um die anderen Alben habe ich dann einen Bogen gemacht. So war ich etwas skeptisch, was mich nun auf “Krautrock”, dem kürzlich veröffentlichten neuen Album, erwarten wird.

Direkt beim ersten Song “Görlitzer Park” dachte ich: “Oh nee. Was für ein grauenvoller Song.” Doch ich muss gestehen, hört man das Lied mehrmals, entwickelt es einen gewisse Eingängigkeit. Ich ertappe mich in letzter Zeit manchmal, wie ich einzelnen Textzeilen aus dem Song, in dem Frank Z. wie ein Reporter einen Drogenkauf im Görlitzer Park beschreibt, vor mich hin summe. Und das schaffen nicht viele Lieder. Also doch ein guter Song, der nur ein wenig reifen muss. Dafür ist das nächste Lied “Hollywood”, dann wirklich ein, vor allem textlich, Reinfall. Da helfen auch die netten Bläsereinsätze nichts, die dem schleppende Song im Refrain das nötige Etwas verleihen.

abwärts_krautrockEin wirklich schöne Pop-Punknummer ist dann der nächste Song, “Wachkoma”. Der ist eingängig, melodisch und gefällt durch die abhackten Gitarrenriffs. Auch die beiden nächsten Lieder, “Die Model” und “Parallelwelt”, wissen zu gefallen. “Die Model” mit einem entspannten Rockbeat, “Parallelwelt” dagegen ist dann ein schön treibender Punkrocksong. Leider gehört es zu den Merkmalen dieses Album, dass es einer Achterbahn gleicht. Auf jedes gute Lied folgt ein weniger Gutes. “Peking Spring Smog” gleicht dann einem Stück, das man auf Entspannungs-CD finden kann. Ist von der Idee gar nicht mal schlecht, die Umsetzung ist aber nicht meins. “Aus einem Gartenhaus” dagegen ist dann wieder ein waschechter Punksong, die härteste Nummer auf der Scheibe. Das Leonard-Cohen-Cover “The Future” hätten sich Abwärts sparen können. “Das Verhör” greift dann den Auftaktsong wieder. Scheinbar ist der Drogendeal in die Hose gegangen und der Kleindealer sitzt jetzt bei den Bullen beim Verhör. Nette Idee. Einen schönen Abschluss für das Album hätte “Ein Bus wird kommen” sein können. Doch leider kommen danach noch “Computerstaat 3.0” und “Beirut Holiday Inn” in Neuvertonungen. Die hätte man sich sparen können, denn außer einer wuchtigeren Aufnahme haben die nicht wirklich was neues im Vergleich zu den Originalen zu bieten. Ok, bei “Computerstaat 3.0” wurde Arafat gegen Putin ausgetauscht. Da bleibe ich lieber beim grandiosen Original. Den Abschluss bildet dann der Titelsong, der wenig spektakulär daherkommt.

Insgesamt ist “Krautrock” ein deutlich besseres Album, als ich es Abwärts noch zugetraut hätte. Allerdings fehlt ein bisschen die Linie, die Klammer, die das ganze zusammenhält. Und textlich, ja, da bin ich etwas enttäuscht. Die Welt ist derzeit mal wieder so richtig am Arsch. Da hätte ich schon erwartet oder, besser gesagt, gehofft, dass Frank Z. das mit dem ihm eigenen Zynismus kommentiert. Das vermisse ich hier ein wenig. Aber andererseits haben Abwärts in ihrer mehr als 30-jährigen Karriere immer wieder auf die Erwartungen anderer geschissen und dieses Recht sei ihnen auch bei “Krautrock” vergönnt. Und die Vielschichtigkeit des Albums passt gut zur musikalischen Entwicklung von Abwärts. Da klang auch kein Album wie das andere. Auf Höhen folgten Tiefen, so kann man „Krautrock“ gewissermaßen auch Spiegelbild der Karriere von Abwärts betrachten. Von daher: “Krautrock” ist sicher nicht das beste Abwärts-Album, aber ein gelungenes Spätwerk ist es auf jeden Fall.

“Krautrock” ist bei Cargo Records erschienen

Abwärts auf Tour

14.11. Osnabrück – Bastard
15.11. Bremen – Lila Eule
21.11. Hamburg – Hafenklang
22.11. Berlin – SO36
26.11. Frankfurt – Nachtleben
27.11. Köln – Underground
28.11. Coesfeld – Fabrik

Written by Falk Fatal

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