Gig-Bericht: Boysetsfire, Silverstein, Great Collapse 6.10.2015

Boysetfire, Silverstein und Great Collapse live im Schlachthof Wiesbaden. Bocky war dabei. Was er erlebt hat, lest hier.

Great Collapse, kaum besser als ihr Name

Seit Tagen hatte ich mir vorgenommen, das Debüt von Great Collapse endlich mal anzuhören. Immerhin schwingt dort Thomas Barnett das Mikro. Also der Mann, der über die Band Strike Anywhere so bekannt geworden ist und von der man seit langer Zeit nichts mehr hört. Getan habe ich es aber nicht, weil andere Teile des Lebens gerade viel Zeit in Anspruch nehmen. So bin ich relativ gespannt und wirklich open minded wie sie den Konzertabend starten werden. Säuerlich bin ich direkt nach dem ersten Lied, weil der Sound völlig leise und dünn rüberkommt. Wassen das für ne Rockstar-Scheiße, ist das wirklich Absicht? Es dauert nicht lange und ich bin recht abgeturnt, da es nicht lauter und satter wird. Mitfahrer Markus und ich sind der Meinung, das hätte man sich auch als Liveschaltung gemütlich daheim auf der Couch anschauen können. Doch ist das nicht das ganze Ärgernis, denn auch rein musikalisch können mich Great Collapse nicht überzeugen. Das ist netter und gut gespielter Melodycore, der von der Power her aber Strike Anywhere definitiv nicht das Wasser reichen kann. Sinnbildlich ist für mich als Barnett das Publikum zu einem Circle Pit auffordert und es sofort wieder bleiben lässt, weil der Funken nicht auf das Publikum überspringen kann, da er nicht vorhanden ist. Inwiefern sich die Zukunft der Band ändert, wird die Zeit zeigen und sicher auch die Support-Slots vor der Ex-Band von Gitarrist (?) Chris Chasse, nämlich Rise Against.

Silverstein, langweiliges Vans-Warped-Kiddie-Geblöke

Kurz nachdem ihr großes Backdropbanner hochgefahren ist entern Silverstein die Bühne im Schlachthof und Zeit für mich in Hab-Acht-Stellung zu gehen. Denn auch wenn Wikipedia behauptet das sei Post-Hardcore, so ist das für mich Emocore, der für mich sowohl beim Emo als auch beim Core so seine Schwächen hat. Vielleicht liegt das aber auch an der Massentauglichkeit, denn diese Truppe spielt in der Regel auf so geilen Festivals wie Rock am Ring oder Rock im Park – Ironiemodus aus. Jedenfalls lege ich nach dem zweiten oder dritten Song eine längere Pause ein und verweile mich mit Glimmstengel und Kaltschale an der frischen Luft.

Boysetsfire, ein Headliner zum Verneigen

Es wird Zeit für den Headliner des Abends. Boysetsfire feiern seit ihrer Reunion 2010 einen wirklich erstaunlichen Siegeszug, der bis jetzt anhält und es ist nicht abzusehen, dass er bald enden wird. Vor fünf Jahren wieder zusammengekommen, reißen sie live was geht und gründeten zudem ihr eigenes Label mit Manager und Kumpel Oise, womit sie unabhängig von der Industrie sind sowie sie 2013 mit „While A Nation Sleeps“ ein Album veröffentlichen, was von der Fangemeinde aufgenommen wird wie der Klassikers „After The Eulogy“ aus dem Jahr 2000. Boysetsfire hat sich frei gemacht und diese Freiheit und Freude an der Band spürt man förmlich. Der letzte Beweis dürfte das Family First Festival in Köln gewesen sein, das mit 4.500 Fans ausverkauft war sowie frenetisch befeiert wurde und aktuell das selbst betitelte Album, das überall gute Kritiken einheimst.

Gleich zu Beginn erklärt Sänger Nathan Gray, dass er sich bei einem großen Teil des Gesangs von Silverstein-Sänger Shane Told unterstützen lassen wird, weil er gerade erst wieder seine Stimme zurück hat. Tolle Wurst, dabei freute ich mich doch den Scheitelträger recht erfolgreich aus dem Weg gegangen zu sein. Anyways, denn im Verlauf der Show baut Nathan Gray jenen Shane Told derart gut mit ein, dass es sogar wirklich fein anzusehen ist wie sie da zu zweit auf der Bühne stehen. Das ist denke ich auch die große Stärke dieser Band, insbesondere des Sängers. Er schafft es tatsächlich eine Atmosphäre herzustellen wie ich es selten in über einem Vierteljahrhundert Konzerte-schauen erlebt habe und auch mich über die etwas nervigeren Punkte hinwegsehen lässt – Animation des Publikum zum Bierzeltklatschen (Hände über dem Kopf zusammenhauen) und so lange auf das neue Album verweisen, bis man selbst merkt, dass es langsam reicht und lächerlich wird. Auch wenn ich in den eigenen vier Wänden wenig mit der Musik von Boysetsfire anfangen kann, gebe ich gerne zu, dass sie live umso besser sind, weil es wirklich keine richtige Barriere zwischen der Band und dem Publikum zu geben scheint, obwohl da natürlich ein Graben mit Security ist. Diese Jungs verstehen es wirklich MIT ihren Fans einen tollen Abend zu verbringen.

Written by Bocky

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