Weirdo-Exotica-Rock’n’Roll gibt es von the Murder Brothers zu hören, während EvilMrSod den Blues spielt. Beides klingt nicht nur wie Musik in meinen Ohren, sondern es gefällt mir auch.
Ich kenne viele Menschen, die Paul P. Fenech für einen Idioten halten. Ich kenne ihn persönlich nicht, aber wirklich sympathisch hat er bisher nicht auf mich gewirkt. Das liegt vor allem an den Interviews, die ich von ihm gelesen habe. Diese permanente Draufrumreiterei, das er den Psychobilly erfunden hat und das damit alle anderen Psychobands Fakes oder Kopien sind, nervt mich. Was sollen die Bands denn machen? Vor jedem Konzert dem großen Meister huldigen? Wäre er dann besänftigt? Davon abgesehen: Psychobilly wäre die erste Musikrichtung, die von einer Person erfunden worden wäre. Meist ist es doch so, dass ein Sound in der Luft liegt, sich entwickelt, auf schon bekannte Stile aufbaut und dann durch eine Band oder einen Künstler plötzlich Bekanntheit erlangt. So war das bei Punk, bei Rock’n’Roll – eigentlich bei allen populären Musikrichtungen. Auch sind die Übergänge oft fließend. Es ist gar nicht so einfach zu bestimmen, wer der oder die erste war. Waren die New York Dolls noch eine Glamband oder schon eine Punkband? Haben nicht eigentlich The Sonics den Punk erfunden, die schon 1960er jahren Und sind The Meteors überhaupt ohne The Cramps denkbar? Hört man bei der “Gravest Hits” EP oder der “Surfin Bird” 7” nicht auch ganz viel, was kurz darauf als Psychobilly bekannt werden sollte, aber zu dem Zeitpunkt noch nicht so hieß?
Egal, kommen wir zu Fenechs neuestem Projekt, den Murder Brothers und deren Debütscheibe “Murder Gospels Vol. One”. Wer hier eine neue Psychobilly-Scheibe erwartet, wird enttäuscht werden. Vielmehr reist Fenech musikalisch in die 50er und 60er Jahre zurück. Neben dem ganzen Mainstream-Rock’n’Roll von Elvis und Co. ist in dieser Zeit auch eine Menge Obskures aufgenommen worden, wie man etwa auf den großartigen “Jungle Exotica” oder den “Back to the Grave”-Compilations von Crypt Records hören kann. In diesem Stil sind die acht Eigenkompositionen und die beiden Coverversionen “Run through the jungle” und “Paint it Black” gehalten. Fenech und seine Murder Brothers setzen das gekonnt um und durch Fenechs derbes Organ erlangen die Songs einen hohen Wiedererkennungswert. Alles in allem also eine ordentliche Platte, die Fans des Meteors-Frontmanns sowieso kaufen werden, und der allen, die auf “50s/60s Weirdness-Exotica-Stuff” stehen, zumindest mal ein Ohr leihen können.
Ebenfalls keinen Innovationspreis wird EvilMrSod mit seinem neuen Album “Still Alive And Well” gewinnen. Typ mit Gitarre der Lieder singt gibt es schließlich noch und nöcher. Aber bei Musik muss es ja (zum Glück) nicht immer um Innovation gehen, sondern um Qualität. Und da kann ich bei dem EvilMrSod nicht meckern. Die Aufnahme ist roh, die Songs sind rau und alles wird mit dem nötigen Herzblut gespielt. Auf Overdubs und andern Schmarrn wurde hier dankenswerterweise verzichtet. Die Songs sind mal aggressiver wie bei “Stop making sense” oder “Exit.Stage.Left”, mal etwas bluesiger wie etwa bei “Night Of The Living Dead Boys” oder “Made In Japan”. Was mir hier gut gefällt, sind die Kanten in den Songs. Hier spielt wirklich jemand Blues ohne Indiepopzucker. Und besonders die etwas schnelleren und aggressiveren Songs dürften auch Punks gefallen, die sonst um Singer-Songwriter einen großen Bogen machen. Gute Scheibe.
“Murder Gospels Vol. one” ist bei Mutant Records erschienen
“Still alive and well” ist bei Keep it a secret Records erschienen
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