Wenn du Geld verbrennen möchtest, spiel doch lieber Bingo

Es ist Freitagmittag, die Maschine an deren Bord wir uns befinden, bounced auf die Landebahn in Barcelona und für Denice und mich liegt ein Wochenende voller Müßiggang und Völlerei vor uns. Barcelona, die katalanische Hauptstadt, deren Namen wir aber am liebsten aussprechen, als sei es die Hauptstadt des Hundefutters Batzen, Batzelona.. Batzen, aber nur der ganzen Batzen. Hmm, Batzen. Nur für Hunde nicht für Katzen.

Ich muss gestehen, Barcelona ist eine ganz wunderbare Stadt. Zwar denken das auch sehr viele andere und deshalb finden viele Barceloniken, dass es auch mal langsam genug sei mit dem ganzen Touristending. Trotzdem zieht es mich immer wieder hier hin. Das liegt vielleicht auch an meinem guten Freund Dominik, der hier bis vor einiger Zeit knapp zehn Jahre gelebt hat und dessen Gastfreundschaft ich immer wieder versucht habe abzumelken. Zum Glück wollte diese Quelle nicht versiegen und selbst jetzt, wo der Gute nicht mehr in dieser Stadt wohnt kümmert er sich um eine flexe Airbnb-Bude und kehrt mit uns zurück in sein altes Barrio.

Dominik ist schon seit gestern da und wir sind am Placa Catalunya verabredet, wir latschen uns auf den Ramblas ein wenig die Mattigkeit aus den Gliedern und sneaken dann, nach erfolgreichem Zusammentreffen mit Dominik und seinem Kumpel Jan, zum Veggie Garden in Raval.

Hier ist es angenehm gefüllt und der Laden bietet eine Tageskarte mit verschiedenen Menüvariationen zum schmalen Kurs. Gazpacho, Salat und andere Suppen, mit Thali, Lasagne, Pasta… wahlweise einem Wein, oder Wasser und einem Dessert für 8,50€ – voll gut! Dazu schmeckt alles, in meinem Fall Wein, Karottensuppe, Thali und Mousse Au Chocolat, richtig lecker und macht satt. Die Grundlage ist geschaffen.

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Barcelona

Foto: dennisdegenerate

Nach einem kurzen Spaziergang erreichen wir unsere Airbnb-Bude in Tetuan, einigen uns erstaunlich schnell darauf, wer wo, in welchem Bett schläft und sammeln uns beim ersten Estrella Damm in der Bar um die Ecke. Bevor wir heute abend in die Randbezirke fahren um aufs Can’t Keep Us Down Festival zu gehen, möchte ich mir in der Absinthbar in Barceloneta noch einen wohlig warmen Schwipps antrinken.

Irgendwie finden wir an diesem Wochenende alle zueinander und jeder kommt zu seinem Glück, bzw hat keine Probleme seine Wünsche zu äußern und dann machen wir einfach alles, was für eine tolle Reisegruppe sind wir eigentlich? In Barceloneta und einen Absinth später kommt mir der Gedanke, dass Schnapps und Bier doch am bekömmlichsten sind, nachdem man eine gute Mahlzeit eingenommen hat. Beschwippster als geplant statten wir dem ollen Ozean noch nen Besuch ab und machen uns auf die Suche nach einem geeigneten Ort zum Speisen. Denice hat diese App die alle veganen Restaurants in der Nähe anzeigt und das erweist sich als praktisch, nur in diesem Fall nicht, denn der Laden hat zu. Hungrig machen wir uns auf den Weg zum Festival, dort soll es, laut Flyer, auch was geben. Nach einer halben Stunde Fahrt mit der Metro kommen wir in Roquetes an und gehen in die noch nicht ganz gefüllte Halle. Es hat Jugendheimflair und wirkt etwas zu clean. Ich vermisse Couchecken, Kicker und Platz zum rumhängen. Wir schauen uns ein, zwei Bands an und überlegen uns dann doch in der Nähe der Metrostation, in einer gepflegt schummrigen Workingclasskneipe nach was zu futtern zu schauen und kriegen pro Person ein armlanges Sandwich mit tiny Bierfläschchen serviert. Die Stimmung kocht, es ist Freitagabend, die Leute trinken hoch konzentriert ihre kleinen Flaschen, als hing ihr Leben davon ab und lachen laut. Salute.

Hier ist es schön laut und asi, wir trinken noch schnell zwei Miniaturbiere bevor wir uns die nächsten Straight Edge Bands anschauen gehen. Nicht das ihr denkt, auf dem Konzert gäb’s nichts zu trinken, Dosenbier is hier der King!

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GOLEM klingen so schön stumpf, man merkt gar nicht wieviele der Bierdosen ich mir schon an der Stirn plattgeschlagen habe.

Geil, GOLEM klingen so schön stumpf, man merkt gar nicht wieviele der Bierdosen ich mir schon an der Stirn plattgeschlagen habe. Am Schluss geht der ganze Laden steil, CRIM spielen. Die sind so etwas, wie die STAGE BOTTLES von Spanien, sach ich mal. Viel Wuoho, Singalong und Stagedives. CRIM sind es definitiv wert mal reinzuhören!

Auf dem Weg zurück machen wir halt in Gracia, da find ichs mit am schönsten. In einer rappelvollen Bar sitzen wir wackelig auf den Stühlen bis dann auch schon bald Sperrstunde ist.

Für alle Glücksspielabstinenzler unter euch, um 3h nachts ist in den Bars Schicht im Schacht und man muss auf Nachtclubs, Diskos oder Bingohallen ausweichen. Und wenn man schonmal so schön enthemmt ist, was macht man da? Genau, man schmeißt ein paar Fuffis in die Bingohalle und genießt ein wenig high five for lowlife, in dem man zusieht wie das Budget knapper wird, man selbst aber immer voller und in fiebrigster Anspannung schier zu verglühen scheint. Der Satz: „Eine letzte Runde noch“, schneidet scharf durch die Nerven, der nicht so begeisterten Begleiter. Drum überlegt euch gut, wen ihr mitnehmt. Es ist noch nicht bewiesen, ob Spaßbremsen Unglück bringen, oder es evtl. sogar als Glück angesehen werden kann, wenn jemand kurz vor deinem Ruin die Reißleine und dich an den Haaren aus dem Laden zieht.

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Und wenn man schonmal so schön enthemmt ist, was macht man da? Genau, man schmeißt ein paar Fuffis in die Bingohalle und genießt ein wenig high five for lowlife.

In unserem Falle ist so jemand nicht vor Ort, aber wir haben ein Budget festgelegt und das verbrennen wir gewissenhaft. Spanische Bingohallen sind ehrenwerte Hallen, der Boden mit Plüsch ausgelegt, bequeme Cocktailsessel und billige Drinks schmeicheln mir. Wir unterhalten uns angeregt über Nonsens. Auf Vegans’n Roses folgt ein Scherz meinerseits, welcher schon Stunden später tätowiert für den Rest meines Lebens meinen Arm zieren wird. Bonbon Jovi.

Wir verabreden, uns am nächsten Tag möglichst tätowieren zu lassen. Einzige Bestimmung ist, es muss etwas beknacktes sein.

Als sprächen wir hier von Fügung, hat Dominiks Leib- und Haustätowierer am folgenden Tag einen Terminausfall und freut sich diesen mit ein paar Idioten kompensieren zu können.

Es stellt sich langsam raus, das ich wohl der Betrunkenste von uns war, da Denice gar nicht trinkt, eine Challenge die ich Dominik gegenüber klar gewann. Der lässt dann den Vernunftdude raus und lässt sich keinen Bullshit tätowieren. Zum Glück kann man auch ohne Alkohol dumm sein und Denice ist und bleibt dabei. Sie hadert zwischen irgendwas von den Spice Girls, einem Herz in dem Filth steht, einer Bingokugel, oder anderem Kram.

Ich kürze hiermit ab, es wird ein Bonbon mit Hairmetal-Friese und Bandana und eine Bingokugel mit der lustigsten spanischen Zahl, der 66 in ihrer Mitte. Lustig ist diese Zahl, weil sie in der Bingohalle seziert vorgelesen wird: sechsundsechzig und sechs sechs. Seistiseis et seis seis. Lustig nicht wahr?

Derart beschädigt ziehen wir mit Freunden von Dominik in den Nachmittag, Ziel ist die Cat Bar direkt nahe der Metrohaltestelle Jaume I. Ein veganes Restaurant und eine Bar.

Denice verliest schwärmerisch, das es dort alles gäbe, leckeres Essen und verschiedene Tabbiere und vor allem Katzen. Essen, Bier und Katzen mag ich, aber ich befürchte snobistische Hipster Veganer und es kommt zumindest zum Teil wie es der nörgelnde alte Mann befürchtete. Craftbiergepose, der halbe Liter Plörre für zehn Mack.

Der vegane Fisch im Bierteig schmeckt ganz lecker aber fällt wie ein Kiesel in einen tiefen Brunnen, auch die nachbestellten Wedges verhallen in den untiefen des hungrigen Schlundes. Da muss mehr kommen. Weil keiner Bock hat, den ganzen Abend weiter posh Designerbiere zu trinken und weiter zu hungern, ziehen wir weiter durch die gotischen Straßen dieser wunderschönen Stadt und lassen uns von Dominiks Freund Felix, welcher Koch ist und damit einfach mal Ahnung hat, zu einem Italiener führen, welcher sensationell lecker und einfach einfach ist.

Das Cafe Blau.

Wir bestellen peu a peu Antipasti, Artischocken, Käse, Tomaten, Oliven und ich steige auf den geil reinlaufenden Hauswein um.

Irgendwann ist es super voll und ein großer Fernseher wird eingeschaltet. Neapel spielt gegen irgendeine andere italienische Mannschaft, alle drehen am Rad. Neapel schießt Tore, ich glaub die Leute mögen die Neapolitaner. Besser so rum.

Ich bin pappsatt und der Wein hat mich in diese wohligwarme Abhänglaune gebracht, von mir aus können wir auch einfach weiter Wein trinken und quatschen. Aaaaber zum Glück sind die Anderen noch auf Kasalla aus und wir machen uns spät, aber nicht zu spät auf den Weg nach Roquetes um uns noch ein paar Bands anzuschauen.

Wir trudeln zum drittletzten Set ein und ich feiere ORDEN MUNDIAL hart. Die mallorcinische Hardcoreband macht mich glücklich. FORESEEN sind Headliner und auch geil, aber ORDEN MUNDIAL, ja, die find ich richtig gut.

Im Anschluss Trashdisko, spanische Scooter und 80s Pop geben sich die Klinke in die Hand, alle wackeln doof mit ihren Extremitäten und sehen glücklich aus.

Gerade als ich am debilsten grinse geht das Licht an. Sperrstunde.

Und was macht man dann? Genau, bis morgens um 5h in der Bingohalle rumasseln! Bloody Mary drei Euro! Hallo?

Impressionen aus Batzelona

Sonntag reizen wir’s mit dem auschecken schön aus. Es dauert etwas, bis ich Licht und Geräusche wieder zu schätzen weiß. Bis zum Rückflug am frühen Abend schlendern wir durch ein paar Viertel & Galerien. Das Restaurant Enjoy Vegan kann ich euch noch ans Herz legen. Salat und Linsenlasagne waren echt lecker und milderten meine Rekonvaleszenz drastisch.

Written by dennisdegenerate

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