Einen Tag vor dem Jahreswechsel in 2012 lernte ich den Cherry Bomb Sänger Fleisch an der Theke des Landespavillon in Stuttgart kennen, wo er mit seiner Band gemeinsam mit dem Mannheimer Punkrock-Aushängeschild Loaded den Support für Loikaemie machte. Dabei blieb nicht nur mir die Band gut in Erinnerung, auch ich muss einen vernünftigen Eindruck gemacht haben. Denn auch wenn Fleisch und ich wenig Kontakt haben, schickte er mir umgehend ihr neues Album zu, obwohl er nicht zu 100% wusste, ob ich jemals was dazu schreiben werde. Das ist doch mal ein überaus feiner Zug, will ich meinen.
Entsprechend fand ich es umgekehrt nicht mehr als fair, ihm dafür ein paar Fragen zu Ehren des neuen Albums zu schicken. Sonderlich schwer fiel mir das nicht, denn auch „Where We Started From“ ist wieder ein richtig schniekes Streetpunk-Album geworden. Im Vergleich zum Vorgänger „Generation Nowhere“ zwar ne Kante rockiger, doch deshalb nicht mit weniger Dreck unter den Fingernägeln. Das Songwriting und der Sound halten erneut jedem internationalen Vergleich stand und ich würde wetten, wenn die vier Jungs etwas mehr Zeit für ihre Combo hätten, dann würden sich auch noch mehr für sie interessieren. Dann versucht mal in die Rillen reinzuhören, aber lest jetzt erstmal, was ich wissen wollte und Fleisch dazu zu sagen hat.
Cherry Bomb und PDM Beach Tattoo
Vier Jahre hat es bis zum zweiten Album gedauert. Bist du mit deinem Tattoostudio PDM Beach Tattoo derart ausgelastet, dass es früher einfach nicht geklappt hat?
Zum Glück kann ich sagen, dass ich wirklich gut zu tun habe im Tätowierstudio. Wir sind mittlerweile drei Tätowierer und das ist ja auch kein 9 to 5 Job. Aber eigentlich waren wir schon Ende 2013 mit dem Album fertig. Alles war aufgenommen, gemixt, gemastert, Artwork war fertig, Titel stand, usw. Dann begann die Verkettung aller unglücklichen Umstände – den Anfang machte der Ausstieg unseres damaligen Bassisten Dr. Waldi. Aus beruflichen Gründen zog er in eine andere Stadt und war somit für uns unerreichbar. Da machte es keinen Sinn ein neues Album zu veröffentlichen, um dann ohne Bassisten auf Tour zu gehen. Zuerst musste ein adäquater Ersatz gefunden werden. Mit unserem Küken Freddy haben wir nun nicht nur ein neues Gesicht an Bord, sondern auch noch eine Verjüngungskur bekommen. Zudem gab’s allerhand familiäre Dramen und Schicksalsschläge zu verdauen. Auch die Suche nach einem Label gestaltete sich mehr als schwierig. Am Ende haben wir uns dazu entschieden nochmal einige Dinge neu zu machen, nochmal ins Studio zu gehen und alles selbst zu produzieren und zu veröffentlichen. Daher auch der Titel „Where We Started From“, weil wir wieder alles so gemacht haben wie bei unserem ersten Album „Lovers“.

Das neue Cherry-Bomb-Album
Es gibt ja noch zig andere Tätowierer, die ne Band haben oder hatten. Beispielsweise Erkan von Electric Circus (Sänger von Don Kanakos), Oldschool-König Chris aus Hamburg sang bei Bent Cross oder Bombshell-Rocks-Sänger Marten und all die anderen, die ich jetzt nicht erwähnt habe. Was glaubst du, verbindet Punk und Tattoos so sehr?
Das ist für mich relativ einfach herzuleiten. Die Tätowierungen in den 70er- und 80er-Jahren hatten ja einen ganz anderen gesellschaftlichen Stand als heutzutage! Als Tätowierte galten größtenteils Leute der Unterschicht, das typische Knast-Seemann-Arbeiter Milieu. Und da Punk damals doch wesentlich mehr Underground war als heute, spaltete man sich mit einem Tattoo doch astrein von der Gesellschaft ab! Das ist neben all der Kunst und der persönlichen Bedeutung einer der Hauptgründe warum Punk und Tattoos so gut zueinander passen.
Stimmt, so kann man das herleiten. Da fällt mir auf, ich habe lauter Tätowierer aufgezählt die singen. Gibt’s denn auch Tätowierer in Bands, die nicht den Gesangspart inne haben?
Tatsächlich sind es immer die Sänger hahaha. Andreas vom Studio The Sinner And The Saint in Aachen (Urban Rejects), Lars-Uwe vom Loxodrom in Berlin (The Krauts). Pete Wells (R.I.P.) von Rose Tattoo ist der einzige Nicht-Sänger der mir spontan einfällt. Nee warte, Stahmer von Volxsturm hat auch einen Laden!

Ziemlich fettes Oberarmpiece aus Fleischs Hand
Darf ich mal raten, was dein am meisten gestochenes Punk-Tattoo ist: Das Black Flag Logo!? Oder gibt es ein anderes Punk-Motiv, worauf du keine Lust mehr hast dieses auch nur noch einmal zu stechen?
Hahaha, da hast du verdammt recht. Der Misfits-Schädel ist auch noch so ein Klassiker! Aber ehrlich gesagt, würde ich lieber den ganzen Tag lang Punk-Motive stechen als all die Trendtattoos die alle Nase lang angesagt sind. Ich hab momentan drei Sleeves und zwei komplette Rücken in Arbeit, die sich um das Thema Hardcore und Punk drehen, Logos und Albumcover und all so’n Zeugs. Macht riesig Spaß und man fühlt sich um einiges mehr damit verbunden als z.B. mit dem Fifties-Mikrofon.
Ich gehe jetzt mal davon aus, dass sowohl das Tätowieren als auch das Singen eine Leidenschaft von dir ist. Kannst du sagen, welches von beidem was in dir auslöst?
Beim Tätowieren und Zeichnen bin ich ziemlich ruhig und in mich gekehrt, um die Wünsche und Vorstellungen der Kunden mit meinen Ideen zusammenfließen zu lassen. Beim Song schreiben und Musik machen hingegen bin ich aufgekratzt und will schnell und laut sein. Will meine Gedanken rausschreien. Diese beiden Leidenschaften ergänzen sich offenbar ganz gut. Danke für diese Frage hatte ich so noch gar nicht wahr genommen!
Kirschbomben und Stachelbeerkuchen
Aber gerne doch. Der neue Titelsong „Where We Started From“ ist eurer Heimatstadt Potsdam gewidmet. Was ist an PDM so toll, das man ihr den Albumtitel, ein Lied und einen Videoclip widmet?
Es geht nicht nur um Potsdam, es geht eher darum wie Alles anfing und damit auch wo Alles anfing. Ich kann dir gar nicht sagen was an PDM so toll ist. Dafür müsstest du vielleicht mal herkommen und wir gehen mit einem Bier, zusammen durch die Straßen. Du kennst vielleicht das Gefühl, wenn man nach eine gewissen Zeit, in der man woanders war, wieder nach Hause fährt und sich darauf freut vertraute Bilder zu sehen. Ich verbinde sehr viel mit dieser Stadt, befasse mich mit ihrer Geschichte und hab natürlich auch allerhand hier erlebt.
„Herz“ ist ein deutschsprachiges Lied, mit Inhalten, die dem Titel entsprechen. Macht man solche Songs nicht besser in englisch, also auch wie den Rest des Albums?
Ich habe den Song an einem Sonntag Morgen geschrieben, nachdem am Tag zuvor etwas passiert ist, das mich sehr hat nachdenken lassen. Ob das alles so richtig ist, wie man bestimmte Dinge angeht und wie man mit den Konsequenzen umgeht. Der Text stand in zehn Minuten auf dem Blatt Papier und mir war klar, dass ich den, so wie er ist, in seiner ganzen Schlichtheit aufnehmen und auf’s Album packen möchte. Ob der jetzt für einige zu banal ist oder nicht zu dem englischsprachigen Rest passt, ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal, da er für mich viel bedeutet und ich mich nach den Aufnahmen um einiges leichter gefühlt habe.
Was stellst du dir unter einer Cherry Bomb vor und inwiefern trifft das auf deine Band zu?
Hm, das ist eine tiefrote, glänzende Kugel mit harter Schale, die, wenn du sie mit aller Kraft gegen eine Mauer wirfst, mit einem lauten Knall zerplatzt und aus ihr treten all der Schmutz und all der Dreck, den man hinter einer so glänzenden Fassade verstecken kann! Inwiefern das auf meine Band zutrifft? Vielleicht ist es bei uns anders herum. Wir sind dreckig und oll und wenn man uns gegen eine Mauer schleudert, kommen nur schöne Dinge heraus. Hahaha.
Zum Schluss: Was ist dein Lieblingsobst und isst du gerne Bananensplit?
Ich stehe auf Stachelbeeren und ziehe ein leckeres Stück Stachelbeerkuchen jedem Bananensplit vor!
Möchtest du noch was loswerden?
Etwas Gewicht vielleicht…
Hört alle laut Musik und geht auf Konzerte! Ich hoffe man sieht sich auf einer unsere Shows.

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