„Junge, lass dir deinen After bleachen“

INTERVIEW Bubonix sind wieder am Start. Grund genug, das sympathische Sextett zum Interview zu bitten.

Mit den Bubonix verbindet mich mehr als das reine Fan-Dasein. Seit Ende der 1990er-Jahre kenne ich Thorsten und den Rest der Bande. Mit meinem Label Matula Records beteiligte ich mich an der Veröffentlichung der „…from inside” LP, der “in the grey” 7”, der Best of CD und veröffentlichte die Split-7” mit Amen 81. All diese Platten zählen zu den besten Veröffentlichungen, die ich in der Geschichte von Matula Records herausgebracht habe. Dass Bubonix damals sang und klanglos verschwanden, fand ich schade. Dass sie jetzt ein Comeback starten, freut mich, denn live waren Bubonix eine Macht. Wer also noch die Möglichkeit hat, eines der Konzerte zu besuchen, sollte das tun. Wer weiß, ob und wann es eine neue Chance dazugibt, wobei im Interview schon anklingt, dass es das wahrscheinlich nicht gewesen sein wird. Egal, lest das Interview, besucht die Shows, kauft die Platten. Bubonix sind großartig. Und jetzt Bühne frei!

Die Millionen, die ihr mit Bubonix verdient habt, sind verprasst. Die Nachfolgebands waren und sind kommerziell nicht erfolgreich genug und dann ist da noch das Finanzamt, das eure Namen in den Panama-Papers entdeckt hat. Es muss also dringend frisches Geld her, um die Raten fürs Chalet am Genfer See und den neuen Porsche zu zahlen. Was läge näher als eine Reunion-Tour. Oder steckt etwa was ganz anderes hinter eurem Comeback?

MARKUS: Das stimmt so leider nicht ganz. Ich fahr’n Lambo.
OLEI: Da hat der verehrte Journalist aber eklatant schlecht recherchiert! Mit Bubonix hat es keinen kommerziellen Erfolg gegeben. Wir haben uns und mit unseren Freunden einen ideellen Wert geschaffen, der mit sehr viel Engagement, unzähligen Proben und Konzerten, tausenden irrwitzigen Gesprächen und Situationen zu dem geworden ist, was es heute ist: Eine tiefe Herzensangelegenheit.

SARAH: Nix Geld. Freundschaft und Vermissung, das steckt dahinter. Ganz unspektakulär eigentlich. Wir waren uns gegenseitig noch was schuldig. Jeder der lange Zeit in einer Band gespielt hat kennt das. Man verlässt die große Liebe und bekommt Zustände weil man denkt man trifft die Ex im Supermarkt und weiß nicht was man reden soll. So ist das jedenfalls für mich. Und da ist es einfach gesünder man stöpselt die Gitarren ein und lässt das Malzbier laufen und quatscht den ganzen Tag dummes Zeug. Das funktioniert bei uns jedenfalls erstaunlich gut und macht großen Spaß. Und dann spielt der Zufall mit und dann war es eben jetzt an der Zeit sich wieder im Proberaum zu treffen.

THORSTEN: Da liegst Du nicht ganz falsch, denn mit Milliarden, wir sprechen nicht von Peanuts, bitte, haben wir in der Tat ein Chalet ergattern können, doch langsam, geht auch Markus und dem Rest der Band der Sprit aus, wir können unser Personal, die Umlagen und unseren Wohlstandsspeck nicht mehr zahlen. Wir wollten auch erst eine Reunion in einem Stadion durchziehen, aber dann wurde uns bewusst, wo wir herkommen, als Olei und ich den Rasen mähen wollten und wurden richtig emotional, das Gefühl war uns über Jahre fast schon fremd, aber es war wie ein Tagtraum gepaart mit einem LSD Flashback, der einem durch den Trinkhelm, wie ein Blitz bis zum Herzen vordringt und dir sagt: Junge, schneide dir die Fußnägel, lackiere dir die French Nails, lass dir deinen After bleachen und lass alles raus, was du in deinem Luxusleben im Chalet de Bubonix längst verdrängt, ertränkt und vergessen hast! Mal so in Kurzform!

Warum gerade jetzt eine Reunion? Und wie kam es dazu?

MARKUS: Wir, Conmoto, hatten im Dezember 2014 eine gemeinsame Show mit Thorstens neuer Band Lyvten in Bonn. Hier haben wir als Überraschung für den Veranstalter gemeinsam ein paar Bubonix-Songs gespielt. Das hat uns super viel Spaß gemacht. Warum jetzt die Reunion? Wann denn sonst?

OLEI: Ihr kennt das ja alle. Wenn man sich eine Woche den Popo nach dem Stuhlgang nicht abgewaschen hat, fängt es an zu jucken und man muss die festen Klumpen schmerzhaft abpitteln. Im übertragenen Sinne war das auch so mit der Band. Wir mussten festgefahrenen Strukturen aufbrechen und neue Wege beschreiten. Jeder für sich. Musikalisch aber natürlich auch privat. Und dann war es ganz einfach. Der Thorsten hat angerufen und hier sind wir. Voller Elan und mit viel Bock auf die kommenden Shows!!!

SARAH: Reunion. Schreckliches Wort. Da denke ich direkt an die Scorpions oder Deep Purple. Ich würde da nicht von Reunion sprechen sondern eher von einer längst überfälligen Zusammenkunft alter Kumpels die noch eine große Kneipentour offen hatten. Und die machen wir jetzt. Wann soll man das denn sonst machen? Mitte 50? Nee nee. Da ist dann Arthrose und Thermalbad angesagt.

THORSTEN: Viele hassen Reuinons, hassen das Wort, aber ich finde in unserem Fall haben wir sowas wie ne Family-Reunion, das ist doch toll, oder darf man das nicht und sollte sich gegenseitig ungeklärt hassen? Wir sind keine bequemen Menschen und gehen eher aufeinander zu, das braucht mehr als Krieg, PMA!!! Ja, warum gerade jetzt? Weil es an der Zeit ist 🙂

Die räumliche Entfernung war ja einer der Gründe warum Bubonix sich damals aufgelöst haben. Die räumliche Entfernung ist nicht kleiner geworden. Wie macht ihr das mit dem Proben?

MARKUS: Ein Grund war tatsächlich die räumliche Entfernung. Wir haben zuvor fast 15 Jahre komplett aufeinander gehangen, zweimal die Woche proben, am Wochenende Konzerte. Das war irgendwie für uns alle zu viel. Familie kam hier leider viel zu kurz. Wir brauchten mal ein wenig Abstand um neue Energie zu tanken für neue Herausforderungen.

OLEI: Es wohnen nur noch 50 Prozent der Band in Diez/Limburg. Nenad wohnt in Hanau, Sara in Hamburg und Thorsten in Winterthur/Schweiz. Daher proben wir vor der Tour alle zwei bis drei Wochen zu viert und Sara und Thorsten kommen dann in unregelmäßigen Abständen zu Probewochenenden nach Limburg ins Kalkwerk, in dem wir immer noch unseren alten Proberaum nutzen dürfen.

SARAH: Wir haben eine neue Zauberformel entdeckt. Die von früher ging so: 1x die Woche ist Training. Dienstag 19 Uhr. Komme was wolle. Und was zählt ist auf dem Platz. Die neue Formel lautet: Wir treffen uns wann es passt und üben etwas disziplinierter als früher auch mal zuhause vor dem Rechner. Und was zählt ist immer noch auf dem Platz. Das geht bisher ganz gut. Wenn wir uns dann sehen knallt es ganz wunderbar.

Man munkelt, dass die räumliche Entfernung damals nicht der einzige Grund für die Trennung war. Sind die Probleme untereinander mittlerweile ausgeräumt?

MARKUS: Wie Du schon selbst sagst, man munkelt. Und gemunkelt wird immer gerne viel. Sicher war das für uns alle nicht einfach, zumal die Tour samt Support und allem Pipapo fertig organisiert waren.

OLEI: Wie in allen Situationen menschlichen Zusammenlebens gibt es „Probleme“. Also Diskussionen, Meinungsverschiedenheiten,  Perspektivenwechsel, Interpretationen usw. Ich würde aber in unserem Fall gerne von individuellen Lebenswegen reden, die sich mit der Zeit gerne auch mal ändern. Das kommt in den besten Familien vor, und so eine sind wir  eben auch. Das hat nichts damit zu tun, dass wir unsere Einstellung geändert haben. Unsere Ideale,  Lieblingsfarben, Musikgeschmäcker, politische Haltung, Fußballvereine, Trinkgewohnheiten…..usw. etc. pp…..sind immer noch die, die wir 15 Jahren hatten. Eigentlich langweilig oder?

Ach so, zur Frage. Natürlich war der Split keine tolle Sache und dann gibt es auch eine Zeit, in der man nicht miteinander reden muss. Und das ist auch richtig so. Aber das ist auch schon lange her.

SARAH: Wie das hessische Sprichwort so weise sagt: Im Dunkele ist gut munkele. Aber im Ernst. Wir verstehen uns glaube ich besser denn je.

THORSTEN: Mir wurde bewusst, dass ich als Sänger einer HC-Band auch eine HC-Action bringen musste, um an Authentizität nicht zu verlieren, dabei haben Hart und Heart glaube durcheinander gebracht, während dem Edgebreak und habe tatsächlich so lange gewartet, bis alle Tourdaten, samt Support feststanden; Zack! Bin ich ausgestiegen! Blablabla, haha…
Mal im Ernst; ich brauchte Distanz, hatte zu viel um die Ohren, was mich fast zum Burnout brachte! Arne Gesemann sagte, als ich ihn anrief, um meinen Ausstieg anzukündigen: das wird nur ne Pause sein! Glaube da hatte er Recht! Aber ob wir das in dem Ausmaß betreiben, wie es mal war, bezweifle ich, da wir zeitlich und familiär ziemlich gebunden sind.

Was war das für ein Gefühl nach all den Jahren wieder gemeinsam im Proberaum zu stehen und Lärm zu machen?

MARKUS: Super anstrengend. 65 Songs nach acht Jahren wieder spielen. Na ja, wir waren ja alle nicht untätig und haben nach der Auflösung unsere Instrumente in die Kiste verbannt. Es hat drei bis vier Proben gedauert, bis wir wieder eine Einheit waren. Jetzt macht’s einfach nur Spaß mit den Leuten wieder abzuhängen, Limo trinken, Musik zu machen und Blödsinn zu babbeln.

OLEI: Es war richtig FETT!!! Das hätte ich nie gedacht. Da ich seit einiger Zeit aus gegebenem Anlass eigentlich nur noch Kinderlieder höre, dachte ich schon, ich hätte das Gefühl für Punk/Hardcore verloren. Aber Pustekuchen!!! Alles auf Anfang, wild und neugierig, wie junge Hunde.

SARAH: Sehr vertraut. Geradezu gespenstig normal. Aber wunderbar. Und ja, sehr anstrengend.

THORSTEN: Es war erstmal sehr toll, das wieder erleben zu dürfen, zu spüren, was den und der Einzelnen das Teilen von einem Lebensgefühl per Text, Musik und Freundschaft gegeben hat! Anstrengend war’s allemal, aber es lohnt sich, wir werden bis zur Tour hoffentlich paar Kilo abnehmen, dann wird das Ding ordentlich gerockt!

Hat es gleich auf Anhieb geklappt oder gab und gibt es Songs die euch vor Probleme gestellt haben?

OLEI: Wir haben im Vorfeld eine Wunschliste mit den favorisierten Songs von allen Bandmitgliedern erstellt. Das erstaunliche daran war, dass unsere Wünsche zu ca. 95% identisch waren.  In Anbetracht der Zeitknappheit, hat sich jeder vor den Proben zu Hause vorbereitet. Und dann  hat es schon etwas gedauert, bis wir unsere alten Knochen auf Betriebstemperatur gebracht haben. Und jetzt nach ca. ’nem halben Jahr ist es geiler denn je.
Wir haben gerade an den Background-Vocals  gearbeitet. Die Songs sind noch stimmungsvoller und eingängiger geworden.

SARAH: Es gibt für jeden einzelnen immer irgendwelche Songs an denen man irgendwie mit dem Fingern kleben bleibt. Das ist halt so. Aber unsere eigenen Songs stellen uns nicht vor Probleme. Das wäre ja schlimm. Allerdings, die Anzahl der Songs auf der aktuellen Setliste, die ist für uns alle eine konditionelle Herausforderung. Da streiken auch schon einmal die Knochen.

THORSTEN: Komischerweise gab’s ne Menge Songs, die nach so langer Zeit auf Anhieb klappten, es waren wirklich nur zwei, drei Songs, wo man sich wieder mehr drauf konzentrieren musste. Irgendwann kam die blinde Routine, das war und ist ein hammermässiges Gefühl!

Die Tour ist schon jetzt ausverkauft, wann kommt ein Album mit neuen Songs?

MARKUS: Lass erstmal heile von den vier Shows wieder Heim kommen.

OLEI: Genau, neben den vier Shows im Mai spielen wir noch in Limburg auf dem Kalkwerk-Festival, Anfang Juni. Danach schauen wir weiter.

SARAH: Nicht ganz ausverkauft. In Hamburg und Berlin geht noch was! Aber ja, ich schließe mich Markus an. Ich möchte erstmal heile wieder zuhause ankommen.

THORSTEN: Jetzt kommt erstmal via Twisted Chords Records eine Doppel-LP mit einigen neu gemasterten Outtakes, Demotracks, EPs und der kompletten „from inside“ raus, dazu gibt’s ein fettes Booklet mit Linernotes usw., die Platte nennt sich „still from inside“. Neue Songs haben wir erstmal keine, aber auf dem Doppelalbum wird es einige Songs geben, die für viele neu sein werden! Wie Sarah schon sagte, in Hamburg und Berlin geht sicher noch was, Wiesbaden und Bonn sind ausverkauft und das ist einfach großartig, damit hab ich nicht gerechnet!

Ist die Reunion eigentlich ein Comeback oder eher eine verspätete Abschiedstour? Das damalige Ende der Bubonix verlief ja leider ziemlich sang und klanglos.

MARKUS: Abschiedsreunioncomebacktour.

OLEI: Für mich ein weiterer Meilenstein in meiner/unserer musikalischen Geschichte.

SARAH: Sangundklangvolles Wiedersehen.

THORSTEN: Das nennt sich französischer Abgang, sich heimlich, still und leise so aus dem Staub zu machen, muss manchmal sein.

Was darf man auf den Konzerten erwarten? Einen bunten Mix aus eurer Bandgeschichte oder eher Songs von der “…from inside” und “Please Devil send me golden hair”?

MARKUS: Plan ist, dass wir alle Platten von vorne nach hinten durch spielen, also, so dass für jeden etwas dabei ist. Ob wir das allerdings umgesetzt bekommen? Ich glaube nicht so recht daran. Wir werden sowohl altes als auch älteres spielen.

OLEI: Ein Kessel Buntes. Wie spielen Songs aus von allen Platten. Das ist sehr geil, aber noch viel wichtiger ist das Konzert an sich. Wir haben alle so richtig Lust auf diese Shows und wir wollen mit allen, die daran teilhaben eine tolle Party feiern. Tanzen, Stagediving, Fingerpointing, Bierduschen, Wunderkerzen, Knallköppe, Mitgröhlen, Hände reichen, Lachen, Reden, Essen, Trinken…..what ever!!! Wir freuen uns!!!

THORSTEN: Wir werden drei Stunden spielen, die Leute sollen was für ihr Geld bekommen, dann machen wir noch ne Jamsession mit der Band und kauen Kokablätter, das kann dann Barfuß bis in die Morgenstunden gehen, haha. Lasst euch überraschen! Und überrascht uns!

Die letzten Worte gehören euch.

SARAH: Vielen Dank an die ganzen Supporte, die jahrelangen Unterstützer. Das sind natürlich neben unseren Familien auch sehr viele Freunde die, verteilt in ganz Deutschland, auch nach acht Jahren ganz selbstverständlich am Start sind. Das ist doch der Wahnsinn, oder? Wir wissen das sehr zu schätzen und können es selbst nicht glauben, also ihr Verrückten – vielen Dank für Eure Treue!

THORSTEN: Da schließe ich mich an, DANKE ❤

Vielen Dank für das Interview! Ich freue mich auf euch.

Written by Falk Fatal

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