Kürzlich saß ich mit Plastic-Bomb-Kolumnist Herder und anderen Nachtschattengewächsen auf mindestens 23 Getränke (kein Witz!) zusammen, wobei ich auf sein Vorwort in dieser Ausgabe zu sprechen kam. Darin spricht Carsten hauptsächlich über seine Abowut und dass Menschen wie er – Personen, die gerne Zeitschriften abonnieren – der Bombe gut tun. Ich bestätigte ihm, dass diese Ausführungen für mich ein Anlass seien darüber nachzudenken. Bloß da war ich eben noch nicht sehr weit über seine Zeilen hinaus.

Das Cover der Plastic Bomb #95
Hammerhead provozieren die Chefin
Denn schon bei der ersten Story, respektive Interview, wusste ich nicht, ob ich den Gedanken gleich wieder verwerfen sollte. Weil einleitend zu den Zeilen erwähnt Ronja, dass dieses kurz vor Redaxschluss zustande gekommene Emailinterview lediglich ne sachliche Abhandlung ist und sie es ansonsten ziemlich lahm findet. Ehrlich gesagt fand ich das aufgrund der Antworten nicht, die fand ich eigentlich recht unterhaltend. Sollte sie aber ihre Fragen meinen, dann kann ich ihr schon eher folgen. Was sich jetzt mal wieder bitterböse anhört, ist so nicht gemeint. Doch mal ehrlich, kann man von ein paar (lieblos) zusammengeschusterten Standardfragen erwarten, dass Typen wie Hammerhead ernsthaft auf sowas eingehen, sich auch noch freuen und obereloquent aus sich raus gehen?

Hammerhead sind gar nicht wild und durchgeknallt, wie es Chefin Ronja gerne hätte
Anders Leben mit Triggerwarnung
Der zweite Artikel „Anders Leben: Feministische Pornografie“ wartet mit einer Triggerwarnung auf, weil es in Plastic Bomb #95 „sexuelle und pornographische Beschreibungen“ gibt. Das bringt mich zwar nicht auf die wedelnde Palme, aber dann frage ich mich, warum die dazugehörigen Bilder im Layout keine Rubbelbilder sind. Also ihr wisst, was ich meine, die mit der Silberfolie drauf, die man abrubbeln muss – ihr Ferkel, ihr! Weil so richtig getriggert finde ich das nicht. Auffällig oft fallen für mich auf den vier Seiten die Begriffe „Queer, Trans oder Gender“. Aber das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass ich weder von etablierter noch feministischer Pornografie Ahnung habe. Jedenfalls bin ich hinterher nicht sonderlich schlauer, kenne nun aber ein paar Bekanntheiten aus dem Bereich.

Triggerwarnung ohne Rubbelbildchen
Discharge sind ein einziges Ärgernis
Ein Interview auf das ich wirklich gespannt war. Vor allem, weil drei Seiten in der Bombe wirklich gut genutzt werden können, wie man aus der Vergangenheit weiß. Bloß wenn jemand in der ersten drei Fragen wissen möchte,was vom neuen Album zu erwarten ist, wie die neue Single ankam und wie man das neue Label kennengelernt hat, dann bin ich ehrlich gesagt schockiert. Dilettantismus in Ehren, aber wie kann man einen sozusagen einfachen Fan auf ne Band einlabern lassen, die wirklich was erzählen könnte? Schlimmer wird’s dann etwas weiter hinten, als ich denke hier wird das Englische nicht ins Deutsche übersetzt, weil man den O-Ton beibehalten will, dabei hat man schlicht den Text noch nicht mindestens einmal Korrektur gelesen. Insgesamt ne „Setzen sechs“ für Inhalt, Form und Layout. Und das für ne Story, aus der man so richtig hätte was machen können, wenn man denn wirklich Lust drauf gehabt hätte oder weniger einem pawlowschen Hund ähneln würde.

Die gedruckte Vollverweigerung eines vernünftigen Interviews
Auf Bewährung, Femme Krawall, Propaganda und Co. Lenken gut ab
Die Seiten nach meinen Ausrastern wieder zusammengesetzt, lese und blättere ich in anderen Artikeln länger oder auch nicht. Das ist die normale Plastic-Bomb-Kost. Man geht ohne Erwartungen an etwas ran und bekommt mehr als man denkt. Dabei unerstaunlich, dass die Texte, die sich in erster Linie nicht mit Bands befassen, die interessanteren sind. Die Propaganda weiß wieder hübsch zu lästern, dem Chris Scholz in Nichts nachsteht und Neu-Bomber Linus Volkmann der Chose einen Strich drunter zieht. So einfach mag ich das und bin gottfroh, dass Rilrec-Lars seit ein paar Ausgaben auch Maks zur Bombe gefolgt ist.

Die Schuster bei ihren Leisten: Auf Bewährung, eine coole Truppe
Flop und Top in Plastic Bomb #95
Der Flop neben Hammerhead und Discharge in der Ausgabe war das Interview mit Hannes von Die Bullen. Die Idee mal ein Gespräch mit jemandem aus einer All-Male-Band zu machen, anstatt mit ner vermeintlich heißen Ische einer All-Female-Band, finde ich richtig gut. Bloß die Umsetzung ist nicht mal räudig, sondern halt echt richtig lahm und so witzig wie drei Tage Bauchschmerzen am Stück.
Hingegen den Wissentschaftler-Nerd Reinhard Remfort an die Quasselstrippe zu zerren, hat super funktioniert. Ein Typ, den man in der Punk-Welt wenig bis gar nicht kennt, der aber auf seine coole und wenig verschrobene Art eben genau so einer ist. Also irgendwie ein Nerd-Punk, wenn nicht alle Nerds sowieso Punks sind. Entsprechend viele Schmunzler bekommt man ins Gesicht gezimmert, wenn man liest, was der Mensch so treibt. (Doch auch hier noch was für’s Protokoll: Das Punkrock! wurde nicht aufgrund des TätowierMagazin eingestampft. Da bringt Reinhard ganz sicher was durcheinander. Ich behaupte jetzt mal, das viel besser zu wissen, wieso es das Punkrock! nicht mehr gibt.)

Top-Typ dieser Reinhard
Ende gut, fast wieder alles gut
Mein Ruhepuls liegt nach ein paar Tagen Abstand wieder zwischen 60 und 65. Trotzdem schön zu wissen, dass mich das Plastic Bomb immer noch so richtig schön aufregen kann. Wobei, diesmal war das schon hart, wenn … Ach was, ich lasse das jetzt gut sein und lese die nächste Ausgabe ja eh wieder. Nur mit dem Abo, lieber Carsten, das muss ich mir nomma mindestens zwei bis drei Nummern überlegen.
Infopoint:
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.